Politisch motivierter Datenhandel

Informationsaustausch – diesen Begriff hat Bundesinnenminister De Maizière seit einigen Wochen in sein Herz geschlossen hat. Aktuell propagiert er den Informationsaustausch zwischen deutschen und ausländischen Nachrichtendiensten. Das sei angeblich notwendig zur „Bekämpfung des internationalen Terrorismus“.
Dahinter steckt die Absicht, dass Informationen mit ausländischen Nachrichtendiensten geteilt werden dürfen, die von deutschen Polizeien und Nachrichtendiensten gesammelt wurden. Welche ausländischen Dienste das sein sollen, steht so klar nicht im Gesetz. Wie und warum das der Bekämpfung des Terrorismus dienen soll, findet man auch nicht im Gesetzentwurf. „Bekämpfung des Terrorismus“ kommt ohnehin nur einmal vor – nämlich in der Überschrift. Das soll wohl reichen, um Abgeordnete, die nicht mehr Zeit haben, als die Überschrift zu lesen, zur Zustimmung zu bewegen …

Welche geheimen Verträge beschränken die Souveränität Deutschlands?

Seit Wochen wird erbittert gestritten über die Forderung an die Bundesregierung, die sogenannte Selektorenliste an den NSA-Untersuchungsausschuss herauszugeben.

Die Diskussion um die Selektorenliste überdeckt jedoch, worum es im Kern eigentlich geht: Das eigentliche Problem besteht darin, dass diverse Bundesregierungen seit Endes des zweiten Weltkrieges Vereinbarungen, insbesondere mit den Vereinigten Staaten, abgeschlossen haben über die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste oder das Gewährenlassen fremder Nachrichtendienste auf deutschem Boden. Diese Vereinbarungen sind geheim.

Wichtiger als die Selektorenliste ist die Frage, welche solchen geheimen Abkommen eigentlich in Kraft sind – und mit wem. Und wie sich Deutschland aus diesen Verstrickungen geheimer Verträge lösen kann, die die Grundrechte so massiv beschränken.

Und nebenbei bemerkt: Gerade diese geheimen Abkommen demonstrieren die nachteiligen Folgen solcher Konstrukte. Weshalb sich CETA, TTIP & Co schon aus diesem Grund verbieten.

Die Verträge müssten geändert werden …

Die aktuelle Diskussion an den Stammtischen und in den Medien über die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA läuft in die falsche Richtung. Insbesondere machen es sich die Kritiker mit den aktuell üblichen Schuldzuweisungen und Hauruck-Appellen – Tenor: Merkel solle endlich mal Rückgrat zeigen gegenüber Obama! – zu leicht.
Ursächlich für die enge Zu(sammen)arbeit des BND mit der NSA ist weder ein BND, der völlig aus dem Ruder gelaufen ist, noch die fehlende Dienstaufsicht aus dem Kanzleramt. Ursache sind vielmehr bindende, wenn auch geheime, Verträge, die die Souveränität Deutschlands empfindlich einengen.
Es wäre Zeit, dass die Regierung diese Fakten öffentlich einräumt.
Gebraucht wird eine überzeugende Verhandlungsstrategie, um diese Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg und Bündnisverpflichtungen als NATO-Partner zurückzuschrauben und – bestenfalls – ganz loszuwerden. Und nicht weitere Scheingefechte, die an den wirklichen Ursachen nichts ändern.

Five Eyes: Merkel will da rein …

Der Maulwurf im BND war wohl eher ein Vorwand für die deutsche Regierung, um bei den Amerikanern Druck zu machen. Tatsächlich ging es um die deutsche Forderung, in den Elitezirkel der ‘Five Eyes’ aufgenommen zu werden, also der fünf Nationen, die untereinander nahezu unbegrenzt Informationen aus ihrer technischen Aufklärung austauschen und sich – im Gegenzug – zu großer Zurückhaltung beim gegenseitigen Ausspionieren verpflichten. So berichtete es die US-Nachrichtenagentur Bloomberg am 12. Juli 2014 und hatten wir am gleichen Tag berichtet.
Jetzt, im Sommer 2015, wird wieder heftig gestritten über Art und Umfang der Zusammenarbeit zwischen deutschen und amerikanischen Diensten. Wir erinnern daher noch einmal an diese Episode, die ein Jahr später schon wieder vergessen scheint.

Der amerikanische Spion im BND und das No-Spy-Abkommen

Sommer 2014 und großes Kino in Berlin: Die Bundesregierung fordert den Repräsentanten der US-Nachrichtendienste auf, Deutschland zu verlassen. Die deutsche Presse überschlägt sich – mehrheitlich jedenfalls – in Beifallskundgebungen. Der Anlass dafür, der angebliche USA-Spion im BND, soll von der Dimension her „lächerlich“ sein (Innenminister De Maizière), der Generalbundesanwalt hat nicht genug in der Hand füreinen Haftbefehl und der ehemalige Innenminiser Schäuble spricht von „Dummheit der Amerikaner“, „drittklassige Quellen“anzuwerben. Schon das passt nicht zusammen.
Die amerikanische Presse vermutet indessen, dass hinter der zur Schau getragenen Empörung der Versuch von Angela Merkel steckt, die USA zum Aschluss einer „No-Spy-Vereinbarung zu veranlassen.
Wir erinnern im Mai 2015 an diese Episode aus dem letzten Sommer, da das Thema „No-Spy-Abkommen im Frühjahr 2015 erneut aufs Tapet gekommen ist – und sich kaum mehr jemand an den Spion erinnnert, der aus dem Westen kam …

„Spionage“! – Ablenkungsmanöver aus dem Kanzleramt

Was Politiker aktuell aufführen unter der Überschrift ‚Spionageskandal‘ ist nichts anderes als ein peinliches Ablenkungsmanöver. Mit dem abgelenkt werden soll von der flächendeckenden Massenüberwachung der deutschen Bevölkerung und Wirtschaft. Und von der Tatsache, dass es völkerrechtlich verpflichtende Rechtsgrundlagen gibt, die die deutschen Dienste zu Handlangern und Erfüllungsgehilfen der Vereinigten Staaten machen. Weder CDU/CSU., noch die SPD sind daran interessiert, dass diese Tatsachen öffentlich werden, waren sie doch daran beteiligt, die entsprechenden Verträge abzuschließen.
Wir greifen diese Episode aus dem Sommer 2014 im Mai 2015 noch einmal auf, da über die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA aktuell wieder intensiv im NSA-Untersuchungsausschuss gestritten wird.

NSA über die Zusammenarbeit mit BND, BSI und BfV

Am Donnerstag, dem 03.07.2014, soll der ehemalige NSA-Mitarbeiter (und heutige Kritiker) Thomas Drake dem NSA-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag Rede und Antwort stehen. In Interviews vom Wochenende sprach er bereits von „extrem weitgehenden“ Vereinbarungen zwischen dem BND und der NSA. Der BND hüllt sich in Schweigen, die Bundesregierung weiß (angeblich) von nichts. Die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschuss wird zur Farce, da Regierung und Regierungsparteien dessen Arbeit über die Maßen blockieren.
Umso erhellender sind Aussagen der NSA selbst über die Zusammenarbeit zwischen den Amerikanern und den deutschen Diensten, die aus dem Fundus der ‚Snowden“-Dokumente stammen. Wir geben im Folgenden eine übersetzte [*a] und gekürzte [*b] Fassung einer NSA-internen Präsentation vom 17.01.2013 wieder über Entstehung, Art und Umfang der Zusammenarbeit mit den deutschen Diensten:
Der Artikel erschien erstmals am 1. Juli 2014. Wir veröffentlichen ihn hier noch einmal, weil schon viel wieder in Vergessenheit geraten ist, was früher schon einmal öffentlich bzw. bekannt war.

NSA über die Zusammenarbeit mit Diensten von Drittstaaten

Die NSA setzt auf Kooperation mit Diensten in anderen Ländern. Die Zusammenarbeit wird als Win-Win-Situation verkauft. „Wir stellen bewährten und verlässlichen Partnern hochentwickelte Technologie zur Verfügung“, sagt die NSA [3] „und erwarten im Gegenzug zweierlei:

  • Erstens Zugang zum Abschöpfen von Kommunikationsdaten und
  • zweitens die Bereitschaft, ein politisches Risiko einzugehen.“


Dass solche klaren Worte inzwischen öffentlich sind, ist Edward Snowden zu verdanken. Im Fundus der ‚Snowden‘-Dokumente findet sich eines, in dem die NSA selbst ihre Kooperation mit den Diensten von „Drittländern“ beschreibt. Wir geben dieses Dokument übersetzt und nur unwesentlich gekürzt im Folgenden wieder.
Dieser Artikel erschien erstmals am 29. Juni 2014. Wir veröffentlichen ihn hier noch einmal, wie schon wieder viel in Vergessenheit geraten ist, was früher schon einmal öffentlich und bekannt war.

It’s the NATO, stupid!

Vor allem die Verpflichtungen als NATO-Partner bilden die Rechtsgrundlage für die umfassende Zu(sammen)arbeit der deutschen mit den amerikanischen Diensten. Leider ist das alles geheim – und kann selbst eine willige Bundesregierung solche Vertragsinhalte oder Einzelheiten der Zusammenarbeit nicht öffentlich machen, ohne vertragsbrüchig zu werden.
Im Sommer 2013 hatten wir die entsprechenden Vertragsgrundlagen schon einmal vorgestellt.
Nachdem sich zwei Jahre lang nichts weiterentwickelt hat in dieser Angelegenheit, erinnern wir durch die Neuauflage dieses Artikel an völkerrechtlich bindendes Recht – das weder uns noch vielen anderen in diesem Land gefällt …