Kurzarbeitergeld muss erst einmal der Arbeitgeber zahlen

Missverständnis Nr. 1 bei Kurzarbeit ist, dass der Arbeitnehmer den Antrag stellt und das Kurzarbeitergeld direkt von der zuständigen Arbeitsagentur an ihn bezahlt wird. Das ist falsch. Richtig ist vielmehr, dass der Arbeitgeber tätig werden muss, mit einer – rechtzeitigen – Vorankündigung („Anzeige“) an die Arbeitsagentur, dass Kurzarbeit beabsichtigt ist und mit einem konkreten (und zeitaufwändigen) Antrag auf Erstattung des Kurzarbeitergeldes und der Sozialversicherungsbeiträge. Am Monatsende allerdings ist dann erneut erst mal der Arbeitgeber in der Pflicht: Er muss das Kurzarbeitergeld vorstrecken, also an die Mitarbeiter auszahlen. Und die darauf entfallenden Sozialversicherungsanteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber an die Krankenkasse abführen.

Ob und wann er mit einer Erstattung durch die Arbeitsagentur rechnen kann, wird für zigtausende von Arbeitgebern, den kleinen und kleinsten insbesondere, eine nervenzerfetzende Frage werden in den nächsten Wochen und könnte das zu befürchtende massenweise Firmensterben noch beschleunigen.

Nach der Überforderung des Gesundheitssystems droht die des Sozialsystems

Es waren schon extrem starke Worte, mit denen Bundesarbeitsminister Heil in der Pressekonferenz vom 31.3.2020 zur Lage am deutschen Arbeitsmarkt im März 2020 auftrat: „Wir haben einen der stärksten Sozialstaaten der Welt und wir haben in guten Zeit Rücklagen gebildet für schwere Zeiten“. … „Wir haben eine krisenfeste Demokratie“, … . „ein umfangreiches Schutzprogramm auf den Weg gebracht“ … „Millionen von Krisenhelden (sic!), die über sich hinauswachsen“„Unsere Ziele sind: Der Schutz der Gesundheit, die Sicherung von Arbeitsplätze und die Gewährleistung sozialer Sicherheit“.
Ich fühlte mich erinnert an den 5. Oktober 2008 abends, als Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück in der Finanzkrise vor die Kameras traten und versicherten „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind“
Je mehr ich mich mit dem Thema ‚Kurzarbeitergeld‘ beschäftigte, desto mehr verstärkte sich das Gefühl, dass dieser Vergleich vollkommen zutreffend ist. Die brenzlige Lage damals – kurz vor einem befürchteten allgemeinen Run auf die Banken – und die brenzlige Lage heute – im Hinblick auf die soziale Sicherung von Arbeitnehmern – haben viele gemeinsame Merkmale. Aber bilden Sie sich am besten selbst eine Meinung …

Milliarden-Hilfsprogramm der Bundesregierung ist Schutzschild für die Banken

Die schwierige Entscheidung, welchen Firmen und welchen Branchen wir helfen, haben wir, Gott sei Dank, nicht zu treffen. Schlichtweg weil wir genug Geld haben. Wir können allen helfen. Und wir werden es tun. (Bundesfinanzminister Olaf Scholz, am Donnerstag Abend, 12.3., bei Maybrit Illner.)
Fünf Tage später werden Einzelheiten zum geplanten ‚Milliarden-Hilfsprogramm und Schutzschild‘ auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums veröffentlicht. Sie entpuppen sich als Hilfen und Schutzschild für Banken für den Fall von Kreditvergaben an Unternehmen. Doch der Unternehmer, der in dieser Situation einen solchen (weiteren?) Kredit aufnimmt, trägt das volle Risiko selbst – ohne zu wissen, wann sein Geschäft neben den weiterlaufenden Kosten auch wieder Umsatz bringen wird. Es gehört viel Optimismus – oder auch Gottvertrauen dazu, dieses Risiko einzugehen!