Die Welt Online setzt noch eins drauf: Sie behauptet, dass MANGELNDE Vorratsdatenspeicherung Kindesmissbrauch FÖRDERT! Beweise liefert sie nicht für diesen Unsinn. Publizistische Grundsätze, wie sie im Pressekodex niedergelegt sind, hindern die Welt Online auch in diesem Fall nicht daran, Fake News in Umlauf zu bringen. Denn ‚Krawall bringt Quote‘ und steigert die Werbeeinnnahmen. Die machten im letzten Jahr schon 71% des Umsatzes des Springer Konzerns aus. So macht man geschäftlichen Erfolg mit falschen Behauptungen.
Gültiges Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung – unanwendbar, weil nicht vereinbar mit Europarecht
Die Vorratsdatenspeicherung ist in Deutschland gesetzlich geregelt: Es ist die Pflicht der Telekommunikationsprovider, die Verbindungsdaten aller Nutzer eine Zeitlang auf Vorrat zu speichern und ohne, dass es dazu einen Anlass gäbe. Das entsprechende und auch noch gültige Gesetz trat im Dezember 2015 in Kraft. CDU/CSU und SPD hatten neue gesetzliche Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung vorgelegt, nachdem die alten vom Bundesverfassungsgericht in wesentlichen Teilen für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden waren. Das neue Gesetz mit dem sperrigen Titel ‚Gesetz der Bundesregierung zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (VDS 2.0) hatte allerdings keine Verbesserung im Sinne des Gesetzgebers zur Folge. Denn schon im Dezember 2016 hatte der Europäische Gerichtshof auch einen wesentlichen Teil des neuen Gesetzes für unanwendbar erklärt. ‚Unabwendbar‘ heißt: Nicht mit dem Europarecht vereinbar. Ausführlicheres dazu in [A].
Bundesnetzagentur setzt unanwendbares Gesetz nicht um
Im Juli 2017 hatte dann das Oberverwaltungsgericht NRW eine weitere Entscheidung gefällt. Sie gilt als der Anfang vom Ende auch dieser Gesetzesfassung. Denn die Richter haben keinen Zweifel daran gelassen, dass auch ihrer Ansicht nach die Vorstellungen der Großen Koalition zur Vorratsdatenspeicherung gegen Europarecht verstoßen. Diese Entwicklung war absehbar: Mit dem gleichen Tenor hatten u.a. mehrere Rechtsgutachter in einer Anhörung des Bundestags-Innenausschuss argumentiert. Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW hatte dann die Bundesnetzagentur angekündigt, diese Pflicht nicht durchzusetzen. Denn sie wäre für die Umsetzung dieser Pflicht durch die TK-Provider zuständig. Ausführlicheres dazu in [A].
Soweit die aktuelle Sachlage, an der sich seit einem Jahr nichts mehr geändert hat.
BKA-Präsident fordert Vorratsdatenspeicherung – wieder einmal mit falschen Tatsachenbehauptungen
Der besonders widerwärtige Fall von Kindesmissbrauchs von Staufen hatte in den letzten Tagen mediale Aufmerksamkeit erregt, weil das Landgericht Freiburg am 7.8. ein abschließendes Urteil gegen die Haupttäter gesprochen hat [1]. Das bot dem BKA-Präsidenten Münch die willkommene Gelegenheit, sich dranzuhängen an die Aktualität: Und wieder einmal die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zu fordern. Diesmal mit dem Argument, dass im letzten Jahr angeblich „über 8.000“ Fälle von Kinderpornografie nicht hätten aufgeklärt werden können, weil die Vorratsdatenspeicherung nicht angewandt werden konnte. (Einen anderen Fall von falschen Tatsachenbehauptungen des Herrn Münch hatten wir in [B] belegt.)
Netzpolitik war zu dieser Behauptung aufgefallen [2], dass in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Jahres 2017 [3] insgesamt weniger, nämlich 6.512 Fälle von Kinderpornografie ausgewiesen waren. Und dass die in der PKS ausgewiesene Aufklärungsquote 89,5% betrug). Wenn von 6.512 Fällen 5.828 aufgeklärt sind, der BKA-Präsident aber noch weitere „über 8.000“ als NICHT aufgeklärt vermeldet, kann irgendwas nicht stimmen mit den Zahlen bzw. mit den Behauptungen aus dem BKA. Diesen Widerspruch könnte auch jeder Journalist finden, der die Aussage des BKA-Präsidenten abgleicht mit der vom BKA herausgegebenen Polizeilichen Kriminalstatistik. Das ist leider nicht geschehen: Vielmehr wurde auch heute wieder die entsprechende dpa-Meldung [a] in vielen Online-Zeitungen ungeprüft übernommen und breit gestreut [4].
Update vom 08.08.2018: Unter der Überschrift „Den Ermittlern sind häufig die Hände gebunden“ [5] wiederholt und verstärkt die ‚Welt Online‘ diese falsche Behauptung.
Die Welt übertrifft alle anderen …
Die ‚Welt Online‘ fällt ja schon seit vielen Monaten auf damit, dass sie sich zum Propagandainstrument von CDU/CSU bzw. des Bundesinnenministeriums und BKA macht, wenn es um die Verschärfung von Gesetzen zur Inneren Sicherheit geht [C]. Mit der Ausgabe vom 08.08.2017 übertrifft die ‚Welt Online‘ ihr bisher schon hohes Maß an einschlägiger Meinungsmache allerdings bei weitem: Sie titelte nämlich „Mangelnde Vorratsdatenspeicherung fördert Kindesmissbrauch“ [6]. Das ist eine Tatsachenbehauptung. Zu der es im Artikel keinerlei Begründung gibt. Was nicht erstaunt, weil die darin steckende Kausalität („WEIL wir keine Vorratsdatenspeicherung haben, gibt es mehr Kindesmissbrauch“) bisher noch nicht einmal vom BKA behauptet worden ist.
Wieder mal ein Fall von effektivem Politischem Framing
Die Verknüpfung der Konzepte vom Kindesmissbrauch und der Vorratsdatenspeicherung aktiviert starke Emotionen beim Leser. Sie soll – ganz im Sinne von effektivem politischen Framing – folgende Wirkung erzielen: KINDESMISSBRAUCH, das erzeugt beim Leser Mitleid mit dem Opfer, die Forderung nach harten Strafen für die Täter und den Wunsch, solche Taten wirksam verhindern zu können. Und VORRATSDATENSPEICHERUNG – so ein bisschen auf Vorrat zu speichern, wer wann mit wem wie lange telefoniert hat oder im Internet aktiv war – dagegen kann doch ernsthaft niemand sein, wenn es um solche widerlichen Straftaten geht. Denn wer gegen die Vorratsdatenspeicherung ist, der „fördert“ damit den Kindesmissbrauch. Diesen Eindruck erzeugt die ‚Welt Online‘.
Das ist extrem starker Tobak eines Leitmediums, für das – erstens – immer noch der Pressekodex gelten SOLLTE: In dessen Ziffer 2 – Sorgfalt – heißt es:
Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. …
Und es steht – zweitens – im völligen Widerspruch – zu den vollmundigen Selbstdarstellungen aus dem Hause Springer: So hatte Matthias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende des Springer-Konzerns, im Vorwort zum letzten Geschäftsjahresbericht [7] geschrieben: „Fake News und populistischen Trends im Netz setzen unsere Medien kritischen, tiefgründig recherchierten Journalismus entgegen.“ Der heutige Artikel und diverse andere legen nahe, dass im Hause Springer dringend mehr Kontrolle geboten wäre, WENN diese Ansprüche tatsächlich ernst gemeint sind.
Dass es tatsächlich vielmehr um ganz andere, geschäftliche Interessen geht, als um „kritischen, tiefgründig recherchierten Journalismus“, dafür spricht die erklärte, geschäftliche Ausrichtung des Konzerns. ‚Krawall bringt Quote‘ heißt es ja gerne. Quote wiederum bringt Werbeeinnahmen. Und Springer SE hat sich vom Zeitungsverlagsgeschäft längst verabschiedet. Nach dem jüngsten Geschäftsbericht [7] generiert das Unternehmen 71% seines Umsatzes aus Werbeeinnnahmen. Und ‚Welt Online‘ ist eines der wichtigsten digitalen Flaggschiffe des Konzerns. (Mehr dazu in [D]).
Fußnote
[a] Die Berliner Zeitung bringt am 08.08.2018 [8] eine Meldung unter der Überschrift ‚Großer Missbrauchsfall: BKA fordert Vorratsdatenspeicherung‘, bei dem es sich offensichtlich um die entsprechende dpa-Medung in Reinform handelt. Sie lautet: „Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, fordert anlässlich des Freiburger Missbrauchsfalls die Einführung der Vorratsdatenspeicherung. „Jeden Tag gehen beim BKA Hinweise auf den sexuellen Missbrauch von Kindern ein”, sagte Münch der „Berliner Zeitung”. Das Material stamme aus dem Internet. In vielen Fällen sei der einzige Hinweis auf den Täter die IP-Adresse seines Computers. Doch den Ermittlern seien häufig die Hände gebunden. Grund sei fehlende Vorratsdatenspeicherung. 2017 konnten über 8000 Hinweise auf Kinderpornografie nicht weiter ermittelt werden, sagte Münch. (dpa)“
Quellen
[1] Pressemitteilung des Landgerichts Freiburg zum Urteil vom 07.08.2018
http://www.landgericht-freiburg.de/pb/site/jum2/get/documents/jum1/JuM/Landgericht%20Freiburg/Staufener%20Kindesmissbrauchsf%C3%A4lle/Pressemitteilung%20vom%2007.08.2018.pdf
[2] Lügen für die Vorratsdatenspeicherung: BKA-Chef Münch biegt sich Zahlen zu Kinderpornografie zurecht (Update), 02.06.2018, Netzpolitik
https://netzpolitik.org/2018/luegen-fuer-die-vorratsdatenspeicherung-bka-chef-muench-biegt-sich-zahlen-zu-kinderpornografie-zurecht/
[3] Polizeiliche Kriminalstatistik 2017, Bundeskriminalamt
https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/PolizeilicheKriminalstatistik/2017/pks2017ImkBericht.html?nn=96600
Die Zahlen zum Kindesmissbrauch findet man auf Seite 12 des IMK-Berichts, ganz unten. Die zur Kinderpornografie auf Seite 19 im oberen Drittel hinter der Schlüsselnummer 143200.
[4] Meldungen vom 08.08.2018 – ein exzellentes Beispiel auch für die „Vielfalt der Medienlandschaft in Deutschland“
[4a] Kindesmissbrauch: BKA-Chef fordert Vorratsdatenspeicherung, Hannoversche Allgemeine, 08
[4b] BKA-Präsident fordert Vorratsdatenspeicherung, Tagesspiegel
https://www.tagesspiegel.de/politik/missbrauchsfall-von-staufen-bka-praesident-fordert-vorratsdatenspeicherung/22889748.html
[4c] Missbrauchsfall: BKA-Chef fordert Vorratsdatenspeicherung, Berlienr Morgenpost
https://www.morgenpost.de/politik/article215037267/Missbrauchsfall-BKA-Chef-fordert-Vorratsdatenspeicherung.html
[4d] Großer Missbrauchsfall: BKA fordert Vorratsdatenspeicherung, Augsburger Allgemeine
https://www.augsburger-allgemeine.de/newsticker/Grosser-Missbrauchsfall-BKA-fordert-Vorratsdatenspeicherung-id51878326.html
auch in der in der Berliner Zeitung, in der Süddeutschen Zeitung u.a.
[4e] BKA-Chef Münch fordert Vorratsdatenspeicherung, Spiegel Online
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/staufen-bka-chef-holger-muench-will-vorratsdatenspeicherung-a-1222134.html
[5] “Den Ermittlern sind häufig die Hände gebunden“ (als Zitat von BKA-Präsident Münch, 08.08.2018, Stand: 11:19, Welt Online
https://www.welt.de/vermischtes/article180773634/Staufener-Missbrauchsfall-Den-Ermittlern-sind-haeufig-die-Haende-gebunden.html
[6] Mangelnde Vorratsdatenspeicherung fördert Kindesmissbrauch, 08.08.2018, Stand: 05:19, Welt Online
https://www.welt.de/politik/article180772474/BKA-Praesident-Mangelnde-Vorratsdatenspeicherung-foerdert-Kindesmissbrauch.html
[7] Geschäftsbericht des Springer-Konzerns für 2017
http://www.axelspringer.de/publikationen/cw_publikation_de_31768043.html?action=pdf
[8] Großer Missbrauchsfall: BKA fordert Vorratsdatenspeicherung, 08.08.2018, Berliner Zeitung
https://www.berliner-zeitung.de/grosser-missbrauchsfall–bka-fordert-vorratsdatenspeicherung-31077466
Verwandte Beiträge
… zum Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und der Aussetzung seiner Umsetzung
[A] Vorratsdatenspeicherung am Ende – Gefahrenabwehr durch die Polizei damit auch?!, 01.07.2017, CIVEShttps://cives.de/vorratsdatenspeicherung-am-ende-gefahrenabwehr-durch-die-polizei-damit-auch-5610
Ein anderes Beispiel für Fehlinformation durch den BKA-Präsidenten Münch
[B] BKA-Präsident Münch informiert – leider irreführend, 06.09.2017, POLICE-IThttps://police-it.org/bka-praesident-muench-informiert-leider-irrefuehrend
Beiträge auf der ‚Welt‘ bzw. ‚Welt Online‘
[C1] „Kritischer, tiefgründig recherchierter Journalismus“ in Bild und Welt, 25.05.2018, Welt Onlinehttps://cives.de/kritischer-tiefgruendig-recherchierter-journalismus-in-bild-und-welt-7798
[C2] Dobrindt sägt am Rechtsstaat, Springers ‚Welt‘ assistiert, 08.05.2018, Welt Online
https://cives.de/dobrindt-saegt-am-rechtsstaat-springers-welt-assistiert-7723
[C3] Nutzung der polizeilichen Kriminalstatistik für politische Zwecke, 11.05.2018, Welt Online
https://cives.de/nutzung-der-polizeilichen-kriminalstatistik-fuer-politische-zwecke-7727
[C4] Meinungsmache mit Hilfe der Polizeilichen Kriminalstatistik, 6.04.2017, Welt Online
https://cives.de/meinungsmache-mit-hilfe-der-polizeilichen-kriminalstatistik-4826
Zum Geschäftsmodell und Geschäftserfolg des Springer-Konzerns
[D] Daten als Ware! Voll im Fokus des Springer-Konzerns, 09.03.2018, Welt Onlinehttps://cives.de/daten-als-ware-voll-im-fokus-des-springer-konzerns-7339
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hallo, eine frage zu eurem artikel hier, habe mal im internet recherchiert:
auf dieser webseite steht, dass es zusätzlich zu den 6500 fällen noch 8400 gibt, die nicht in der pks erfasst werden, es wird auch erklärt warum.
https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/7/3963573
also doch keine fake news, oder was sagt ihr dazu?
Danke, @bollo, für Ihren Hinweis auf die Klarstellung durch das BKA zu den Zahlen und Fakten zur Bekämpfung der Kinderpornografie.
Was ein „Fall“ im Sinne der Polizeilichen Kriminalstatistik ist, ergibt sich aus den PKS-Richtlinien 2017 , veröffentlicht auf der Seite des BKA, und ist dort unter den Begriffserläuterungen so definiert:
Aus der von Ihnen referenzierten Klarstellungs-Pressemitteilung des BKA ergibt sich, dass es sich hier um 8.400 „deutsche“ IP-Adressen handelt, die von einer US-Nichtregierungsorganisation (NCMEC) als Verdachtsanzeigen an das BKA als die für Deutschland zuständige Zentralstelle gemeldet wurden. Solche Verdachtsanzeigen – im weiteren Text der BKA-Pressemitteilung auch als „Hinweise“ bezeichnet – können nicht mit „Fällen“ im Sinne der Definition der KPS-Richtlinie gleichgesetzt werden. Dies ist allerdings mehrfach geschehen. Durch den BKA-Präsidenten ebenso, wie sprachlich ungenau in der BKA-Klarstellung selbst, wo eingangs (falsch) von „8.400 weiteren Fällen“ gesprochen und erst dann erläutert wird, das es sich tatsächlich um Verdachtsanzeigen und somit Hinweise handelt, also somit deren strafrechtliche Relevanz noch nicht geprüft ist.
Die kolportierte Aussage des BKA-Präsidenten, die wir kritisiert hatten war, dass „über 8.000 Fälle (sic!) nicht aufgeklärt werden konnten, WEIL die Vorratsdatenspeicherung nicht angewendet werden konnte“. Diese kausale Beziehung ist nicht bewiesen und wird nach wie vor bezweifelt:
Bis zur tatsächlichen Auswertung solcher Verdachtsanzeigen vergeht relativ viel Zeit: Angefangen bei der Auswertung durch die amerikanische Organisation, die dann Verdachtsanzeigen an die deutsche Zentralstelle BKA fertigt und weiterleitet. Dort werden sie ausgewertet und weitergegeben an die zuständigen Bundesländer. Und erst dann wird nach weiterem Zeitablauf – im zuständigen Bundesland – festgestellt, ob ein „Fall“ im Sinne eines hinreichend konkretisierten Tatbestands vorliegt. Folgt man der Chronologie im Fall Edathy – auch da ging es um Kinderpornografie -, so waren entsprechende Hinweise aus Kanada im Oktober 2011 beim BKA eingegangen, wurden am 10.1.2012 „grob gesichtet“ und erst über ein Jahr später vom BKA an die Bundesländer weitergegeben.
Das aktuell gültige, wenn auch wegen grundrechtlicher Bedenken nicht angewandte Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung sieht eine Vorratsspeicherfrist von zehn Wochen vor. Angesichts des Zeitbedarfs zur Bearbeitung solcher Hinweise in den Polizeibehörden einerseits und der gesetzlich vorgesehenen Frist von zehn Wochen wäre es verständlich und nachvollziehbar, wenn der BKA-Präsident argumentierte, dass diese Form der Vorratsdatenspeicherung für solche Fälle gar kein hinreichend geeignetes Ermittlungsinstrument darstellt – oder die Ermittlungsprozesse in den Polizeibehörden sich an diese Fristen entsprechend anpassen müssten. Noch ungeprüfte Hinweise allerdings als „Fälle“ auszuweisen, die „WEGEN mangelnder Vorratsdatenspeicherung“ nicht aufgeklärt (sic!) werden konnten, halten wir nach wie vor aus den oben aufgeführten Gründen für eine nicht korrekte Information der Öffentlichkeit.
Nicht unerwähnt bleiben sollte übrigens, dass unter „Aufklärung“ im Sinne der Polizeilichen Kriminalstatistik bekanntlich auch die Fälle subsummiert werden, bei denen ein Täter NICHT ERMITTELT werden konnte. Dies sei erwähnt, um dem Eindruck entgegenzutreten, dass „Aufklärung“ gleichzusetzen sei mit der Ermittlung und Bestrafung des Täters.