Lieber Stefan…
Über schweißende Polizisten und das H7-Spiel

Lieber Stefan,

in drei Wochen geht es los mit dem G7-Gipfel in Elmau und ich freue mich schon drauf, von dort berichten zu können.
Logisch, dass ich bei dem schönen Wetter heute eine kleine Bergwanderung am Eckbauer (=das Angenehme) zu einer Vor-Ort-Besichtigung in Elmau (= das Nützliche) verbunden habe. T und B waren geduldig genug, mich dabei zu begleiten.

Schon auf der Autobahn nach Garmisch haben wir die neue Personalpolitik der bayerischen Polizei in Aktion gesehen. Polizeivollzugsbeamte, die gerade nix zu tun haben, üben jetzt schweißen. Und zwar Gullydeckel. Die schweißen sie nämlich zu – und nach dem Gipfel dann wieder auf. Zukunftsweisend, wie ich finde: Gullydeckel sind ein Allgemeingut, nahezu unbegrenzt vorhanden. Es erfordert also keinen teuren Materialeinsatz, die Jungs sind beschäftigt und sammeln Erfahrungen für die Lebenspraxis, wenn’s bei der Polizei mal nix zu tun gibt. Wir haben Millionen von Kanal- und Gullydeckel in diesem Land – die können also theoretisch ewig schweißen – zu und auf und zu und auf …

Es war nicht ganz einfach auf der Mautstraße nach Elmau hinter zu kommen, weil die THWs, die wirklich große Lastzüge besitzen und andere Riesenlaster, derzeit testen, ob die neue Mautstraße die Belastung von geschätzt 30 t aushält: Als Testmaterial haben sie anscheinend Steinschlagschutzzäune aufgeladen – die sind schön schwer. Raus kommen sie dann alle leer. Das Positive ist: Ja! Die Straße hält.

Wir sind bis ganz hinten ins Tal gefahren, dort, wo bis vor kurzem der Wander-Parkplatz war. Dort ist jetzt ein asphaltierter Spielplatz angelegt, anscheinend für das H7-Spiel. Der Platz ist ungefähr viermal so groß wie ein Fußballplatz, plan, asphaltiert und schön gefegt und es gibt ca. 4m große Startbeschriftungen in einer Art elliptischen Teilkreis für die Spieler H1 bis H7. Ich muss mir noch die Regeln für das Spiel besorgen, aber es wird sicher lustig. Anscheinend muss man aber befürchten, dass irgendwas aus dem Spielplatz nach außen dringt. Und deshalb hat man den ganzen Spielplatz mit Steinschlagschutzzäunen umgeben. Und damit die Schiedsrichter (?) sehen, wo der Zaun anfängt, sind die für Nachtspiele auch beleuchtet: Echt toll! Frage mich nur, wo Platz ist für die Zuschauer. Hinter dem Zaun, im Wald?! Bisschen komisch …

Auf dem Spielplatz habe ich vier nette, teilweise schon ältere Damen getroffen. Die hatten sich extra mit dem Taxi dort hoch fahren lassen. Wollten sehen, was aus dem Wander-Parkplatz geworden ist, bevor das ganze Tal fürs Betreten gesperrt wird – jedenfalls für die Einheimischen. Und im Übrigen haben sie mir viel darüber erzählt, dass die lokale Bevölkerung langsam erkennt, welche Ausmaße das annimmt, worauf man sich da eingelassen hat.
Sie hatten noch einen praktischen Vorschlag: Man solle solche Gipfel doch in Zukunft auf einem Kreuzfahrtschiff (oder Flugzeugträger, da waren Sie sich nicht ganz einig) abhalten. Drei U-Boote drum rum und Luftabwehr müsste reichen, um Sicherheit vor Demonstranten und Anschlägen zu gewährleisten. Eine erwähnte noch das Risiko eines Noro-Virus aus der Bordküche. Aber das ließe sich ja in den Griff kriegen …

Schon jetzt ist die Vor-Ort-Betreuung für Gäste, wie mich, sehr aufmerksam: Wir standen kaum ein paar Minuten auf dem H7-Spielfeld, da kam auch schon ein kleiner schwarzer Bully mit noch schwärzeren Scheiben hinten und schwarz gekleideten Jungmännern vorne angefahren. Wahrscheinlich waren noch mehr Jungmänner drin. Jedenfalls haben die Fotos von uns gemacht. Fand ich nett. Nur: Sie hätten sich nicht hinter schwarzen Scheiben zu verstecken brauchen. Ich hätte gerne auch mit denen geredet. Aber als ich aus das Fahrzeug zuging, sind sie weggefahren. Vielleicht gehört das Verstecken hinter schwarzen Scheiben ja auch zum H7-Spiel?! Werde ich noch rauskriegen.

Später haben wir uns in einer Gastwirtschaft noch mit dem Wirt unterhalten: Der wusste, aus der Pistole geschossen, was Positives über den G7-Gipfel: Wenn er endlich vorbei ist …
Sein Nachbar, hat er erzählt, freut sich schon drauf, wenn irgendwelche „Sicherheitsfuzzies“ kommen und anordnen, dass die Fenster auf seinem Bauernhof zubleiben müssen. Des wird dann a Gaudi!, meint der Wirt. Ich nehme an, das war ein Hinweis auf das Selbstbewusstsein oberbayerischer Bauern …

Auf der Rückfahrt auf der Autobahn haben wir dann noch eine ganze Kolonne von THW-Lastwägen aus Regensburg überholt. Habe gar nicht gewusst, dass das THW so viele und so große Lastwägen hat.

Dies nur als kleiner Zwischenbericht – ich halte Dich auf dem Laufenden
Liebe Grüße

Chris

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Emails aus Elmau: Lieber Stefan …

Die Emails aus Elmau berichten – nicht immer nur ernst gemeint – von den Beobachtungen vor Ort und im weiteren Umkreis zu den Vorbereitungen auf den G7-Gipfel.
Der „liebe Stefan“ hatte sich gewünscht, vor allem das Gute, Sinnvolle und Positive in meinen Berichten hervorzuheben.

Bisher sind erschienen:

Emails aus Elmau (01) vom 12.05.2015: Lieber Stefan … Über schweißende Polizisten und das H7-Spiel
Emails aus Elmau (02) vom 14.05.2015: Lieber Stefan … Über Katastrophenschutz beim G7-Gipfel, das THW und Gulaschkanonen
Emails aus Elmau (03) vom 20.05.2015: Lieber Stefan … Wie die Münchner mental auf den Gipfel vorbereitet werden
Emails aus Elmau (04) vom 20.05.2015: Lieber Stefan … Von Särgen und anderen Großraumbehältern
Emails aus Elmau (05) vom 23.05.2015: Lieber Stefan … Über den Stand der Vorbereitungen auf eingeladene und nicht eingeladene Gäste