Wenn die Hetze aus der Zeitung auf die Straße schwappt

Auf ‚Welt Online‘ arbeitet ein Politikredakteur, der dort als Experte für die Flüchtlingskrise bezeichnet wird. Sein Output ist immens: In den letzten fünf Monaten zählen wir 33 Namensartikel von ihm, die eines gemeinsam haben. Darin wird Stimmung gemacht GEGEN Ausländer, GEGEN Zuwanderung und GEGEN das Ausländer- und Asylrecht in seiner bestehenden Form. Und Meinung gemacht FÜR mehr Abschiebungen, FÜR mehr Aus- und Zurückweisungen, FÜR Ankerzentren und generell FÜR die harte Linie der CSU. Differenzierte Information und Diskussion über diese komplexen Themen ist unstreitig notwendig. Die allerdings sucht man in diesen Artikeln vergeblich Auch haben wir inzwischen in mehreren Einzelfällen festgestellt, dass die Behauptungen, insbesondere aus den plakativen Überschriften, sich bei Sichtung der Quellen gerade NICHT belegen ließen. Die Artikel bedienen Emotionen und Meinungen, die sich gegeneitig bestärken in hunderten von Leser-Kommentaren. Deren Inhalte stark dem ähneln, was man in den sozialen Medien und auf Demonstrationen, wie z.B. in Chemnitz, inzwischen als vorherrschende Meinung GEGEN Ausländer und Zuwanderung erlebt.

„Kritischer, tiefgründig recherchierter Journalismus“ in Bild und Welt

Matthias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende des Springer-Konzerns, schrieb im Vorwort zum letzten Geschäftsjahresbericht: „Fake News“ und populistischen Trends im Netz setzen unsere Medien kritischen, tiefgründig recherchierten Journalismus entgegen.“ Von der – richtig verstandenen – Umsetzung dieses Qualitätsanspruch ist Marcel Leubecher, ein Politikredakteur der Welt, noch weit entfernt: Mit der Behauptung „Nur noch jeder dritte Bewerber erhält Asyl in Deutschland“, visuell begleitet von einem Strom von Menschen, der sich durch eine Landschaft wälzt und Schlangen von Antragstellern schürt er ein Bedrohungsszenario, ganz nach dem Geschmack der CSU in Wahlkampfzeiten. Wenn solche Behauptungen zigtausendfach via Welt, Welt Online und Bild verbreitet werden, ist der Zweck der Meinungsmache ja erreicht. Dann kann auch ignoriert werden, dass die vom BAMF veröffentlichten Zahlen die Behauptungen von Leubecher gerade NICHT bestätigen.