Viele Worthülsen, kein Konzept und weitere Beratergremien lassen nur eines mit Sicherheit erkennen: Deutschland wird auch mit der neuen Merkel-Regierung weiter abgekoppelt vom notwendigen und sinnvollen Fortschritt in Sachen Informations- und Kommunikationstechnik und -nutzung. Und weiter abhängig vom gar nicht mehr so befreundeten Amerika und anderen Ländern. | LEsedauer: Ca. 5 Minuten
Auch zur aktuellen Facebook-Affäre [A] fiel ihr als erstes die ’soziale Marktwirtschaft‘ ein. Das lässt Schlimmes befürchten. Zumal sie danach, wie schon ihr früherer Innenminister De Maizière [2], wieder einmal die Frage thematisierte, ob der einzelne, von dem die Daten stammen oder den sie betreffen, auch wirklich der Eigentümer „seiner“ Daten sein soll.
Viele Bürger und Unternehmen außerhalb der Großstädte, die seit Jahren händeringend warten auf schnelle Datenleitungen werden abgespeist mit dem Merkel’schen „Wollen“ [B], sowie [c]: Bis 2025 (sic!), will die neue Regierung, „dass alle Zugang haben“. Das war’s! Mehr nicht! Das erinnert fatal an die leeren Versprechungen zum Klimawandel. Und lässt befürchten, dass Deutschland noch weiter zurückfällt hinter die notwendigen Mindeststandards der IT-Infrastruktur einer modernen Gesellschaft.
Irgendetwas Konkretes findet sich nicht in diesem Salat aus vielen Worthülsen und nicht vorhandenem Konzept. Stattdessen werden Uralt-Kamellen, d.h. IT-Vorhaben, die schon seit Jahren nicht in die Pötte kommen (, wie die IT-Systeme des Bundes [C],) wieder aufs Tapet gehoben. Wird als Lösung der anstehenden großen Probleme ein „Bürgerportal“ verkauft, das schon in der Vergangenheit als Fehlplanung bezeichnet wurde [3] und nur ein nächstes sein wird in der langen Reihe gescheiterter oder verkrüppelter IT-Projekte des Bundes.
Das Einzige, was für die Kanzlerin wirklich sicher ist, ist der Bedarf an neuen Beratergremien: Gleich zwei davon sollen eingerichtet werden, nämlich ein Kabinettsausschuss Digitalisierung, dessen Aufgaben ungenannt bleiben. Und ein Digitalrat, der viele mit Pöstchen und Einkünften versorgen wird: Er soll „mit Vertretern und Sachverständigen aller Bereiche“ besetzt sein und „mich (also die Kanzlerin) und die ganze Bundesregierung“ beraten. [b]„Denn neue Erkenntnisse müssen wegen des rasanten Wandels natürlich möglichst schnell in politisches Handeln umgesetzt werden.“
Ob sie da nicht etwas gründlich missverstanden hat?! Mit heißer Nadel Gestricktes, konzeptloses Gewurstel, ohne Kenntnis und Verständnis für die eigentlichen Probleme und vielfältigen systemischen Zusammenhänge, wird auch weiterhin nur Milliarden Steuergelder in „den Markt“ pumpen. Während gleichzeitig das Land weiter abgekoppelt wird vom notwendigen und sinnvollen Fortschritt. Und weiter abhängig (gemacht) wird von Produkten und Technologien aus dem gar nicht mehr so befreundeten Amerika bzw. Taiwan, Korea, Singapur oder China. Das ist das Einzige, was diese Regierungserklärung in Sachen „Digitalisierung“ mit Sicherheit erwarten lässt.
Doch machen Sie sich am besten selbst ein Bild [a] …
„Was immer digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden.“
„Daten werden zum Rohstoff des 21. Jahrhunderts“
Tempo – Zukunftsfähigkeit und neue Bewährungsprobe für die soziale Marktwirtschaft
Und das bedeutet: Die soziale Marktwirtschaft mit Ludwig Erhard‘s Versprechen vom Wohlstand für Alle muss eine neue Bewährungsprobe bestehen.“
Die Rolle der Politik dabei
Und wem gehört jetzt der Rohstoff des 21. Jahrhunderts?
Ganz aktuell: Facebook
Infrastruktur wird auch noch gebraucht …
IT-Vorhaben der Bundesregierung, die schon seit Jahr(zehnt)en nicht in die Pötte kommen …
… und wieder mal neue Beratergremien
Fußnoten
[a] Es handelt sich um den vollständigen Teil der Regierungserklärung von Angela Merkel im Deutschen Bundestag vom 21.03.2018, von dem der gesamte Mitschnitt unter der in [1] angegebenen Adresse zu finden ist. Der transkribierte Ausschnitt zur ‚Digitalisierung‘ beginnt bei Minute 44 und endet viereinhalb Minuten später.
[b] Wird damit der IT-Beauftragte der Bundesregierung („Bundes-CIO“) und seine Dienststelle ergänzt – oder überflüssig?!
Er hat doch schon umfangreiche Aufgaben, wie hier aufgelistet ist.
[c] Extra3 hat sich vor kurzem mal vorgeknöpft, wie oft die Kanzerlin schon (nicht eingehaltete) Versprechungen zum Breitbandausbau gemacht hat. Hier zum Nachsehen, von 20:55 bis 21:50. Es waren die gleichen Ankündigungen in 2009, 2009, 2011, 2014 und 2017. Wer soll da noch glauben, was die Kanzlerin 2018 verspricht?!
Verwandte Beiträge
[A] Millionen von Facebook-Nutzern unfreiwillig psychologisch vermessen, 19.03.2018, CIVES
https://cives.de/millionen-von-facebook-nutzern-unfreiwillig-psychologisch-vermessen-7459
[B] Merkel’s Befürwortungen und die No-such-further-News-Diät, 08.01.2018, CIVES
https://cives.de/merkels-befuerwortungen-6852
[C] Steuerhinterziehung ist strafbar – Steuerverschwendung bleibt folgenlos, 01.02.2018
https://cives.de/steuerhinterziehung-ist-strafbar-steuerverschwendung-bleibt-folgenlos-7197
und die dort aufgelisteten früheren Beiträge zum gleichen Thema
Quellen
[1] Regierungserklärung der Bundeskanzlerin am 21.03.2018 im Deutschen Bundestag
über https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7211342#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD03MjExMzQy&mod=mediathek
[2] De Maizière hält Losung „Meine Daten gehören mir“ für falsch, 18.02.2017, Heise
https://www.heise.de/newsticker/meldung/De-Maiziere-haelt-Losung-Meine-Daten-gehoeren-mir-fuer-falsch-3630322.html
[3] Beta-Flop: Das Online-Bürgerportal des Bundes ist eine Fehlplanung, 01.08.2017, WDR
https://blog.wdr.de/digitalistan/beta-flop-das-online-buergerportal-des-bundes-ist-eine-fehlplanung/
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2 Gedanken zu „Regierungserklärung der Kanzlerin zur ‚Digitalisierung‘“
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