Das war knapp: Heute hat der Bundestag die Strafverschärfung für den Einbruch in Privatwohnungen beschlossen. Damit sollte die Nutzung von „auf Vorrat“ gespeicherten Telekommunikationsdaten und die Funkzellenabfrage aller TK-Nutzer in Tatortnähe ermöglicht werden. Gestern hat die Bundesnetzagentur erklärt, dass die ab dem 1. Juli eigentlich geltende Pflicht zur Speicherung von TK-Verkehrsdaten erst einmal nicht durchgesetzt wird. Das neue Gesetz ist daher bis auf Weiteres nutzlos …
Folgen für verdeckte Ermittlungsmaßnahmen / Telekommunikationsüberwachung der Polizei
Der Tatbestand des Einbruchs in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung ermöglicht es der Polizei, gespeicherte Verkehrs- und Standortdaten bei den TK-Providern abzurufen, zu deren Speicherung „auf Vorrat“ diese gesetzlich verpflichtet sind. Dazu wurde der Einbruch in Privatwohnungen neu in den Katalog der besonders schweren Straftaten in §100g der Strafprozessordnung (StPO) aufgenommen. Dieser Paragraph regelt die Nutzung von auf Vorrat durch die TK-Provider gespeicherten Verkehrsdaten und Standortdaten, sowie die Funkzellenabfrage durch die Polizei.
Gleichzeitig verletzt ein Einbruch in eine dauerhaft genutzte Privatwohnungen, wie er jetzt in §244 des Strafgesetzbuches neu geregelt ist, auch den §244a StGB, d.h. den schweren Bandendiebstahl. Bei Verdacht auf diesen Straftatbestand kann die Polizei zusätzlich die Telekommunikation eines Tatverdächtigen überwachen und aufzeichnen (§100a StPO). Sie kann ferner eine ‚akustische Wohnraumüberwachung‘ veranlassen (§100c StPO), d.h. dessen Wohnung abhören und die Geräusche aufzeichnen.
Das setzt allerdings voraus, dass ein bestimmter Tatverdächtiger überhaupt schon bekannt ist, was im Falle des Wohnungseinbruchs nur in seltenen Fällen zutrifft. Umso mehr fokussiert sich der Bedarf der Ermittlungsbehörden auf die Nutzung der auf Vorrat gespeicherten Verkehrs- und Standortdaten und auf die Funkzellenabfrage.
Relevante Gesetze für Vorratsdatenspeicherung und Nutzung durch die Polizei
Zwei Gesetze greifen hier Hand in Hand:
- Das Telekommunikationsgesetz (TKG) enthält das Regelwerk für die TK-Provider, also die Firmen, die mobile Telefondienste oder Internet-Zugänge bereitstellen. Zu diesen Regeln gehören auch die Definitionen, welche Daten von den TK-Providern „auf Vorrat“ zu speichern sind.
- Die Strafprozessordnung (StPO) enthält die Regeln für die Polizei: Unter welchen Voraussetzungen darf sie von den TK-Providern die Herausgabe von „auf Vorrat“ gespeicherten Daten verlangen. Das steht in den §§ 100a-f und folgende der StPO.
Voraussetzung für den Abruf durch die Polizei
In der Strafprozessordnung sind Voraussetzungen festgelegt, die erfüllt sein müssen, damit die Polizei vorratsgespeicherte Daten abrufen darf, nämlich wenn
- „die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre“
- dass der Einbruch, der den Anlass bietet „auch im konkreten Einzelfall besonders schwer wiegt“
- dass die Nutzung der Daten durch die Polizei „in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht“
Dass diese Voraussetzungen gegeben sind, muss die abrufende Polizeidienststelle in ihrem Abrufauftrag erklären.
Um welche Daten geht es eigentlich?
Es geht um die so genannten ‚Verkehrsdaten‘ und die ‚Standortdaten‘ von mobilen TK-Geräten, egal ob sie beim Telefonieren angefallen sind, beim Versenden oder Empfangen von SMS oder MMS, beim Versenden bzw. Empfangen von Emails, bei der Telefonie im Internet (VoIP) oder bei der sonstigen Internet-Nutzung.
Was sind Verkehrsdaten?
Der Begriff ‚Verkehrsdaten‘ ist ein Relikt aus alten Zeiten, in denen von „Fernmeldeverkehr“ gesprochen wurde. Damit war die einzelne Verbindung zwischen einem Anrufer und dem Angerufenem gemeint. Verkehrsdaten beschreiben also wer, wann und wie lange, mit wem kommuniziert hat und welche Entgelte dafür angefallen sind.
Seit den Anfangszeiten des Fernmeldewesens hat sich die Telekommunikationstechnik enorm weiterentwickelt. Demzufolge gehören heute zu den Verkehrsdaten sämtliche Daten, die einen einzelne Kommunikationsverbindung beschreiben. Welche Daten das im Einzelnen sind, regeln die §§96 und 113b des Telekommunikationsgesetzes (TKG).
Vorratsdatenspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten
Das Thema der Vorratsdatenspeicherung wird seit Jahren kontrovers diskutiert und – meiner Beobachtung nach – auch sachlich häufig falsch verstanden. Daher zunächst diese Verdeutlichung:
‚Vorratsdatenspeicherung‘ ist die auf Vorrat erfolgende Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten durch die TK-Provider.
Nicht auf Vorrat gespeichert werden dürfen
- Inhalt der Kommunikation
- Daten über aufgerufene Internetseiten
- Daten von Diensten der elektronischen Post (§113b, Abs. 5)
Seit zehn Jahren wird gestritten
Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern einer Vorratsdatenspeicherung tobt seit zehn Jahren:
- Im November 2007 hatte der Deutsche Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD das Gesetz zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland beschlossen. Dieses Gesetz sah eine anlasslose und alle TK-Nutzer betreffenden Speicherung von Verkehrsdaten auf Vorrat durch die TK-Provider vor, damit Polizeibehörden bei Bedarf darauf zugreifen können. Die Verfassungsbeschwerde folgte dem Gesetz innerhalb weniger Wochen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte das Gesetz mit Urteil vom 02.03.2010 für nichtig.
- Auch die Europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten (Richtlinie 2006/24/EG) landete vor Gericht: Und auch sie wurde mit Urteil vom 08.04.2014 vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt.
- Die Bundesregierung unternahm 2015 ihren nächsten Anlauf und beschloss, wieder mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD, das ‚Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten‘ [2]. Die Europäische Kommission hatte schon vor dem Bundestagsbeschluss gewarnt, weil sie die strengen Vorgaben aus dem Urteil des EuGH von 2014 nicht ausreichend berücksichtigt sah. Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hielt das Gesetz für verfassungswidrig. Justizminister Maas allerdings, der sich zunächst lange gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung gesperrt hatte und erst spät dem Drängen seines Parteichefs Gabriel nachgab, verteidigte das Gesetz als verhältnismäßig und verfassungskonform. Kaum war es in Kraft, lag erneut eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe vor. Über die ist bisher noch nicht entschieden.
- Vor wenigen Tagen allerdings, am 22.06.2017 gab das Oberverwaltungsgerichts NRW der Klage eines Internet-Zugangs-Providers statt und stellte fest, dass der Kläger „bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht verpflichtet ist, die in § 113b Abs. 3 TKG genannten Telekommunikationsverkehrsdaten zu speichern (Az. 13 B 238/17).“ Die Bundesnetzagentur nahm die „über den Einzelfall hinausgehende Begründung“ dieses Urteils gestern (28.06.2017) zum Anlass, auf Maßnahmen zur Durchsetzung gegenüber allen TK-Providern zu verzichten.
Das bedeutet praktisch einen Teilerfolg für die Gegner der Vorratsdatenspeicherung von Verkehrsdaten, allerdings noch längst keinen vollen Erfolg: Denn die im Urteil genannten Telekommunikationsverkehrsdaten aus § 113b Abs. 3 TKG sind Verkehrsdaten eines Internet-Nutzers, wie die zugewiesene IP-Adresse, die Anschlusskennung, über den die Internet-Nutzung erfolgt, sowie Datum und Uhrzeit des Beginns und Endes der Internetnutzung.
Nutzung von auf Vorrat gespeicherten Verkehrsdaten / Auskünfte an die Polizeibehörden
Die auf Vorrat gespeicherten Verkehrsdaten dürfen von Polizeibehörden unter bestimmten Voraussetzungen genutzt, also abgerufen werden. Gesetzliche Grundlage dafür ist §100g der StPO. Dieser Paragraph sieht drei Varianten vor:
Variante 1: Verkehrsdaten nach §96, Abs. 1 TKG (=§100g, Abs. I)
Polizeibehörden dürfen Verkehrsdaten nach §96, Abs. 1 TKG (siehe oben), die bei den TK-Providern auf Vorrat gespeichert werden, abrufen, wenn
- bestimmte (sic!) Tatsachen den Verdacht begründen,
- dass jemand als Täter oder Teilnehmer
- eine Straftat von erheblicher Bedeutung (i.S. der in §100a, Abs. 2 gelisteten Katalogstraftaten)
- begangen hat
- zu begehen versucht hat
- oder durch eine Straftat vorbereitet hat
- eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat.
Variante 2: Rechtslage ab 01.07.2017: Erweiterte Verkehrsdaten nach §113b TKG (=§100g, Abs. II)
In §113b TKG ist ein Set von Verkehrsdaten im Einzelnen aufgeführt, die über die oben genannte (in §96, Abs. 1 definierte) Menge hinausgeht. Es sind dies
Verkehrsdaten aus Telefonverbindungen
- Rufnummern bzw. Anschlusskennungen des rufenden und des gerufenen Anschlusses
- bei Weiterschaltungen die Anschlüsse zwischen den beiden „Enden“
- Datum, Uhrzeit und Zeitzone von Beginn und Ende der Verbindung
- wenn verschiedene Telefondienste genutzt werden: Angaben zu diesen Diensten
zusätzliche Verkehrsdaten bei Verbindungen über mobile Endgeräte
- die IMSI = international eindeutige Teilnehmerkennung des rufenden und gerufenen Anschlusses
- die IMEI = die international eindeutige Seriennummer des rufenden und gerufenen Mobilfunkgeräts
- bei Verwendung von Prepaid-Diensten: Zeitangaben zur ersten Aktivierung dieses Dienstes
Verkehrsdaten aus der Internet-Telefonie
- die IP-Adressen des rufenden und des angerufenen Anschlusses und die zugewiesenen Benutzerkennungen
Verkehrsdaten aus SMS-, MMS oder ähnlichen Nachrichten
Die gerade aufgezählten Verkehrsdaten für Telefonverbindungen gelten entsprechend auch für SMS-, MMS und ähnliche Nachrichten
Verkehrsdaten aus der Internet-Nutzung
Der Internet-Provider ist verpflichtet, für jede Internet-Verbindung diese Verkehrsdaten zu speichern:
- die dem Teilnehmer für die Internetnutzung jeweils zugewiesene IP-Adresse
- eine eindeutige Kennung des Anschlusses, über die die Internet-Nutzung erfolgt, sowie eine zugewiesene Benutzerkennung
- Zeitangaben zum Beginn und Ende der Internet-Nutzung unter der zugewiesenen IP-Adresse
Doch wie oben schon gesagt: Nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 22.6.2017 verzichtet die Bundesnetzagentur mit ihrer am 28.06.2017 veröffentlichten Entscheidung auf die Durchsetzung dieser Speicherpflicht und Verhängung entsprechender Maßnahmen. Es liegt daher jetzt in der Hand des Bundesverfassungsgerichts, wie es mit der Vorratsdatenspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten weitergeht.
Variante 3: Funkzellenabfrage (=§100g, Abs. III)
Die Funkzellenabfrage ist die dritte, in §100g vorgesehene Variante. Damit sie bei der Ermittlung von Einbrüchen in Privatwohnungen eingesetzt werden kann, war es gesetzestechnisch notwendig, diesen Wohnungseinbruch in den Katalog der besonders schweren Straftaten des §100g, Abs. 2 StPO aufzunehmen. Das ist mit der heute beschlossenen Gesetzesänderung geschehen.
Dass die Funkzellenabfrage überhaupt bei solchen Straftaten zum Einsatz kommen soll, ist aus Sicht der Polizei plausibel: Da in den seltensten Fällen Einbrecher namentlich bekannt sind, geht das Abhören bzw. ein großer Lauschangriff gegen die Wohnung ins Leere. Man kennt den Beschuldigten ja nicht namentlich. Man kennt allerdings den Ort, wo der Einbruch passiert ist. Daher, denkt man sich bei der Polizei, ist es sinnvoll, die Verkehrs- und Standortdaten in die Hand zu bekommen von allen mobilen Geräten, die sich im zeitlichen Umfeld des Einbruchs in der räumlichen Nähe des Tatort befunden haben (und angeschaltet waren). Der Abruf dieser Daten bei den TK-Providern durch die Polizei wird als „Funkzellenabfrage“ bezeichnet.
Wie entstehen „Funkzellendaten“?
Mobiltelefone sind bekanntlich Funktelefone. Da das einzelne Telefon (bzw. andere mobile Geräte mit Telekommunikationsfunktion) nur eine begrenzte Funkleistung hat, gibt es nahezu flächendeckend im Land verteilt die Mobilfunk(sende)masten der Telekommunikations-Provider. Jeder dieser Masten deckt ein bestimmtes Gebiet ab, das Funkzelle genannt wird. Wenn ein (angeschaltetes) Mobiltelefon in eine Funkzelle verbracht wird, so bucht es sich ohne Zutun seines Besitzers bei der Funkzelle ein. Dieser Vorgang wird routinemäßig vom TK-Provider protokolliert und gespeichert. Um das Mobiltelefon zu identifizieren, wird dessen Gerätenummer gespeichert und die Nummer der SIM-Karte. Polizei kann also später durch eine Auswertung dieser Protokolle feststellen, welches Mobiltelefon sich zu welcher Zeit in der Funkzelle eingebucht hat und wie lange es dort verblieben ist. Es ist grundsätzlich auch möglich, die Entfernung des Mobiltelefons vom Funkmasten zu ermitteln. Ferner wird natürlich jeder Kommunikationsverkehr protokolliert, der von diesem Mobiltelefon aus in der Funkzelle geführt wird bzw. jeder Anruf und jede SMS, MMS, jede Email und jede Internet-Nutzung, an der dieses Mobilgerät in dieser Funkzelle beteiligt war.
Was bringt die Funkzellenabfrage bei der Ermittlung eines Wohnungseinbruchs?
Wo der Einbruch passiert ist und in welchem Zeitraum, ist der Polizei aufgrund der Strafanzeige bekannt. Sie kann anhand der Adresse feststellen, in welcher Funkzelle bzw. in welchen Funkzellen (, da es mehrere TK-Provider gibt!) sich diese Adresse befindet. Wenn Polizei also vom dem bzw. den TK-Provider(n) die Protokolle dieser Funkzellen erhält (das ist die eigentliche Funkzellenabfrage), gewinnt sie ein umfassendes Bild, welches Mobiltelefon sich in der fraglichen Zeit (samt seinem Besitzer, wie zu vermuten ist …) in der Gegend des Einbruchs aufgehalten hat.
In der Praxis ist es noch etwas komplexer: Denn Mobilfunkversorgung in Deutschland wird nahezu flächendeckend von verschiedenen TK-Providern angeboten, Es ist also die Regel, dass eine bestimmte Adresse gleich von zwei oder mehreren Funkzellen verschiedener Provider abgedeckt ist. Und da Polizei ja nicht weiß, bei welchem Provider ihr gesuchter Tatverdächtiger seinen Vertrag abgeschlossen hat, wird sie routinemäßig die Daten bei allen in Frage kommenden Providern abrufen.
Die entsprechenden Anfragen der Polizei an die TK-Provider sind Routineaufgaben im Arbeitsbereich von Ermittlern. Die Fallbearbeitungssoftware druckt ihnen ein entsprechendes Formular quasi auf Knopfdruck aus. Damit wird der TK-Provider aufgefordert, die entsprechenden Protokolle der aktiven Mobiltelefonie für Funkzelle X im angegebenen Zeitraum zur Verfügung zu stellen. Und zusätzlich die Rufnummer, Vor-und Zuname, Geburtsdatum, Wohnanschrift und Gerätenummer des Mobiltelefons (zusammengefasst die so genannten Bestandsdaten).
Weitere Informationen, die eine Funkzellenauswertung liefern kann
- Wenn das Mobiltelefon bewegt wurde, insbesondere von einer in eine andere Funkzelle, werden Zeitpunkt, Bewegung und Richtung deutlich,
- Wenn das Mobiltelefon auch zum Kommunizieren benutzt wurde (Erfolgsmeldung des Einbrechers an die Freundin?!) ist auch die angerufene Nummer bekannt und deren Anschlussinhaber leicht zu ermitteln.
Wie werden die Funkzellendaten ausgewertet?
Wenn die TK-Provider dann geliefert haben – i.d.R. passiert dies innerhalb weniger Tage – hat der Ermittler ein Bündel von Dateien vor sich. Die müssen in ein einheitliches Datenformat gebracht werden, was ein ziemlich lästiges Unterfangen sein kann, [Haben Sie schon mal Daten aus verschiedenen Datenquellen mit Excel zusammengeführt?! Dann wissen Sie, was gemeint ist …] Für die eigentliche Auswertung gibt es spezialisierte Werkzeuge, wie z.B. Infozoom. Um aus dem Wust von Daten allerdings Hypothesen zu machen – oder konkretes Wissen zu generieren, braucht es nach wie vor den Ermittler mit seinen intellektuellen Fähigkeiten.
Kritische Bewertung
Eine zweischneidige Geschichte, diese Funkzellenabfrage, finden Sie nicht auch?!
Sollte die Polizei bei mehr als 150.000 Fällen von Wohnungseinbruch (das war die Fallzahl im Jahr 2016) jeweils eine Funkzellenabfrage anstoßen?! Darüber gibt es geteilte Ansichten:
Der vom Einbruch Betroffene wird jede Möglichkeit schätzen, die u.U. dazu hilft, dass der / die Täter gefasst werden.
Von jeder Funkzellenabfrage und -auswertung dieser Art sind jedoch – gerade in dicht besiedelten Gebieten – hunderte bzw. tausende von Mobiltelefonen und deren Besitzer betroffen. Also theoretisch auch Sie und ich. Da kommt schon ein mulmiges Gefühl auf bei dem Gedanken, dass die eigenen Bewegungen und Kommunikationen, der Name und Anschrift usw. aktuell in einem polizeilichen Auswertungsverfahren genutzt wird und man – unfreiwillig – auf diese Weise zum Verdächtigen wird.
Ob Listen mit hunderten oder tausenden von Namen und Adressen wirklich dazu beitragen, den Einbruch aufzuklären, steht in den Sternen. Unter anderem deshalb, weil Polizei dann auch die entsprechende personelle Ausstattung bräuchte, um die Auswertungen vorzunehmen. Oder soll das alles darauf hinauslaufen, dass ein großer „Datentopf“ gebildet wird, in dem die Protokolldaten aller Einbrüche gesammelt und möglicherweise gerastert werden. Eine Intensivtäterdatei WED war jedenfalls einmal im Gespräch bei den Innenministern. Unbekannt ist, was daraus geworden ist. Es stellen sich Fragen über Fragen …
Und nicht zuletzt kann selbst ein intellektuell durchschnittlich ausgestatteter Einbrecher dem Risiko der Entdeckung dadurch begegnen, dass er das Tracking Device = Mobiltelefon in der Hosentasche erst gar nicht anschaltet oder gleich ganz zu Hause lässt.
Polizei könnte dem unguten Gefühl vieler potenziell, jedoch unschuldig Betroffener abhelfen, wenn sie sich mustergültig genau an die gesetzlichen Vorgaben halten würde. Nicht mehr benötigte Daten unverzüglich und nachweislich löschen würde. Klar sagt, was sie mit den Daten vorhat und macht. Und sich – ganz generell – einen Ruf dafür aufbaut, dass sie auch die Rechte der von solchen polizeilichen Maßnahmen betroffenen Bürger respektiert und schützt. Auf diesem Gebiet allerdings hat Polizei, wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, noch einigen Nachholbedarf …
Quellen
[1] Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Wohnungseinbruchdiebstahl, DBT-Drs. 18/12539, 16.05.2017, Deutscher Bundestag
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/123/1812359.pdf
[2] Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten, 10.12.2015
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/BGBl_Hoechstspeicherfrist.pdf;jsessionid=0D0216B9E6A875B56865DD32D27132BF.1_cid289?__blob=publicationFile&v=2
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