„Der Bundesinnenminister möchte mit Ihnen ins Gespräch kommen über unsere Identität und unser Wertefundament. Gemeinsam soll darüber diskutiert werden, was wir tun können, um unsere Werte aktiv zu leben und mit Stolz zu verteidigen.“ So heißt es verlockend in einer Einladung zu einem Werkstattgespräch am 4.04.2017 in München [1]. Wer sich ernsthaft für eine Teilnahme interessiert, muss umfangreiche personenbezogene Daten auf einem Anmeldeformular liefern. Das führt zur Überprüfung durch das BKA und die Rasterung in den polizeilichen Informationssystemen. Leider gibt es keinerlei Hinweis auf diese Tatsache in den Anmeldeunterlagen …
Drei Veranstaltungen haben in unterschiedlichen Städten im vergangenen Jahr bereits stattgefunden, die letzte Werkstatt fand im Februar 2017 in Leipzig statt. Für den 4.4.2017 ist in München die nächste angesetzt.
Daten, die jeder Anmelder liefern muss
Verlangt wird vom Anmelder – neben dem Namen, der vollständigen Anschrift und Email-Adresse – auch das Geburtsdatum und der Geburtsort, sowie Angaben zur ‚Institution‘ und deren vollständige Anschrift.
Irgendwie riecht das nach Sicherheitsüberprüfung. Weshalb wir beim Bundesinnenministerium angefragt haben. Und siehe da: Die Ahnung war richtig. Es zieht nämlich eine solche Anmeldung zum Werkstattgespräch eine Überprüfung des Anmelders durch das Bundeskriminalamt nach sich.
Zulassung nach Überprüfung, Verwertung von Film- und Fotoaufnahmen durch das BMI
Zugelassen werden dann nur solche Teilnehmer, die eine verbindliche Teilnahmebestätigung erhalten haben. Und die „stimmen der öffentlichen Verwendung und Veröffentlichung der im Rahmen der Veranstaltung gemachten Film- und Fotoaufnahmen, insbesondere auf der Webseite des BMI,“ ausdrücklich zu.
Rechtsgrundlage für die Überprüfung
Rechtsgrundlage für die Überprüfung der Interessenten, so teilt uns ein Sprecher des Bundesinnenministerium mit, sei das BKA-Gesetz. Denn das BKA sei zuständig für „den Schutz von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes“, womit ganz offensichtlich der Bundesinnenminister gemeint ist. Und in der Tat gibt das BKA-Gesetz [3] dafür einiges her:
- BKAG §22: Dort ist die Erhebung personenbezogener Daten durch das BKA geregelt, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des BKA zum Schutz von Mitgliedern der Verfassungsorgane erforderlich ist.
- In diesem Zusammenhang (auch das steht noch in §22 BKAG) darf das BKA auch von einem TK-Diensteanbieter auch die Bestandsdaten verlangen, was wohl der tiefere Sinn ist, warum in dem Anmeldeformular nach einer E-Mail-Adresse gefragt wird.
- BKAG §5 räumt dem BKA allgemein die Befugnis ein zum Schutz von Mitgliedern der Verfassungsorgane und zwar insbesondere auch ihrer jeweiligen Aufenthaltsräume.
- BKAG §21 schränkt dann ein, dass die Befugnisse nach §5 nur im räumlichen Umfeld einer zu schützenden Person gelten, sowie in Bezug auf Personen, „wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von ihnen Gefährdungen für die zu schützende Person ausgehen können“. Auf gut Deutsch also: Wer sich in das Umfeld des Bundesinnenministers begibt, muss damit rechnen, vom BKA durchleuchtet zu werden …
Umfassender Rasterung der Anmelder in den polizeilichen Fahndungssystemen und sonstigen Datenbanken
Die so erhobenen Daten können (nach §28 BKAG) vom BKA gespeichert und genutzt werden und sie können an andere Polizeibehörden im Inland und Sicherheitsbehörden im Ausland ‚übermittelt‘ werden. Vor allem aber können die Daten jedes Anmelders mit dem Fahndungsbestand der deutschen Polizeien, mit sämtlichen Datenbanken des BKA oder anderen Datenbanken, auf die das BKA Zugriff hat, abgeglichen werden. Dieser Abgleich, versichert der Ministeriumssprecher, jedoch, geschehe einmalig. Und „spätestens nach Ablauf des Termins der Schutzperson“ würden die Daten wieder gelöscht.
Information an die Anmelder
Es „wird angeregt“, führt der Ministeriumssprecher wachsweich aus, „die betroffenen Personen über diese polizeiliche Maßnahme zu informieren.“ Offen bleibt, wer hier was anregt oder wer die Information vornehmen soll. Und einschränkend schiebt er gleich noch hinterher: „Die Kenntnisnahme dieser Datenschutz(!) Information durch betroffene Personen ist gleichwohl keine Voraussetzung für die Sicherheitsüberprüfung des BKA.“
Meine Anregungen dazu
An potenzielle Interessenten an dieser Veranstaltung: Bleiben Sie zu Hause und nutzen Sie die Zeit sinnvoller. Ein Minister, der angeblich ins Gespräch kommen will, es dann aber für notwendig hält, seine Gesprächspartner – ohne sie vorher zu informieren! – einer polizeilichen Sicherheitsüberprüfung und Rasterung in den polizeilichen Datenbanken zu unterziehen, könnte die so gewonnene einsame Zeit dazu nutzen, noch einmal nachzudenken über sein Verhältnis zum Bürger.
An den Minister und die Veranstalter: Veranstalten Sie doch solche Gesprächsrunden zukünftig im Internet. Das spart viel Zeit und Geld, hat allerdings – zugegeben – den Nachteil, dass es längst nicht so schöne Bilder produziert, wie diese Werbeveranstaltung in Wahlkampfzeiten.
Fußnote
[a] Die Sicherheit des Ministers lässt sich, wie bei vielen sonstigen Veranstaltungen, durch Einlasskontrollen sicherstellen …Quellen
[1] Anmeldung zur Veranstaltung am 04.04.2017 in München, Download vom 17.03.2017, Bundesministerium des Innernhttp://bmi.ffpr.de/dist/bmi/werkstattreihe// [2] Werkstattreihe „Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Integration“, Download vom 17.03.2017, Bundesministerium des Innern
http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Gesellschaft-Verfassung/Gesellschaftlicher-Zusammenhalt/Werkstattgespraechsreihe/werkstattgespraechsreihe_node.html [3] BKA-Gesetz
https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bkag_1997/gesamt.pdf
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Anmeldeunterlagen für den Bundesinnenminister: In welcher politischen Partei sind Sie Mitglied? Wo wurden Sie als Kandidat aufgestellt? Wo wurden Sie gewählt? Welchem Kreisverband und welchem Ortsverband der Partei gehören Sie an? Sie Sie Mitglied der Atlantikbrücke? Oder wurden Sie durch konzertierte Aktionen in den Medien in das Amt gepuscht? Haben Sie ein gültiges polizeiliches Führungszeugnis? Sind Sie befähigt dieses Amt auszuüben?