Tausende von Eltern mit Kindern im Vorschulalter haben in diesen Tagen ganz andere Sorgen als sich um den G7-Gipfel zu kümmern. Die Streiks an den kommunalen Kindertagesstätten gehen in die vierte Woche. Und stellt insbesondere die Familien, deren beide Elternteile berufstätig sind, vor enorme Probleme. Die existenziell werden können, wenn z.B. ein Elternteil sich in der Probezeit befindet und faktisch keinen Urlaub nehmen kann.
Behelfsmäßige Kinderbetreuungsangebote stehen längst nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. Großeltern wohnen häufig nicht in der Nähe, die Toleranz bzw. Leistungsfähigkeit von hilfsbereiten Freunden ist über Gebühr strapaziert. Und Tagesmütter, so sie denn überhaupt kurzfristig zu bekommen sind, überschreiten bei einem Stundensatz von z.B. 15 Euro die finanziellen Möglichkeiten vieler junger Familien.
Dass sich über mehrere Wochen Gewerkschaft und (kommunale) Arbeitgeber noch nicht einmal an einen Tisch gesetzt haben, macht den betroffenen Familien und den Angestellten in Kitas gleichermaßen deutlich, wie ernst die Forderungen und ihre Nöte genommen werden.
Was es finanziell bedeutet, ErzieherIn zu sein
Wir haben uns einmal näher angesehen, was es finanziell bedeutet, ErzieherIn in einer Kindertagesstätte zu sein:
- Ausbildungszeit: 4 Jahre
- davon 3 Jahre (Schulzeit) unvergütet, Schüler-Bafög kann in Anspruch genommen werden, wenn es die finanzielle Situation der Eltern erlaubt
- Vergütung im letzten Ausbildungsjahr: 1.300 Euro (brutto)
- Einstiegsgehalt: 1.200 bis 2.000 Euro (je nach Standort und Arbeitgeber)
- Durchschnittsgehalt: 2.195 Euro brutto
- entspricht einem Nettogehalt (Steuerklasse I, konfessionslos) von 1.481,22 Euro
- das kostet den Arbeitgeber: 2.619,18 (ohne Abgaben für die Berufsgenossenschaft)
Eine Gehaltserhöhung um 100 Euro mehr auf die Hand …
Bei einer Gehaltserhöhung um 100 Euro netto erhält
- der/die ErzieherIn mit Durchschnittsgehalt also 1.581,22 „auf die Hand“
- und das kostet den Arbeitgeber 2.838,49 Euro
- und somit pro Monat 219,31 Euro mehr als vor dieser Erhöhung.
Verhältnisse?! Verhältnisse!
Es geht bei den Streiks um rund 240.000 ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen bei kommunalen Arbeitgebern. Die hypothetische Gehaltserhöhung von 100 Euro mehr auf die Hand, die wir oben angestellt haben, kostet die Arbeitgeber also im Monat (240.000 mal 219,31 = ) 52,6 Millionen Euro. Dass viele Kommunen „kein Geld“ haben, ist bekannt.
Von den aktuell auf 360 Millionen Euro geschätzten Kosten für den G7-Gipfel in Elmau könnte die Gehaltserhöhung allerdings länger als sechs Monate bezahlt werden.
„Deutschlands Zukunft gestalten“ Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD steht unter dem Titel „Deutschlands Zukunft gestalten“.
Hehre Absichten zur Kindertagesbetreuung finden sich dort, auf der Seite 68:
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Quellen zu diesem Beitrag
[1] Erzieher gehen in vierte Streikwoche – Verhandlungen im Tarifstreit starten, 01.06.2015, Focushttp://www.focus.de/finanzen/news/kita-streik-im-news-ticker-erzieher-gehen-in-vierte-streikwoche-verhandlungen-im-tarifstreit-starten_id_4719313.html
[2] Gehalt und Verdienst Erzieherin
http://www.ausbildung.de/berufe/erzieherin/gehalt/#ueberblick
[3] Deutschaldns Zukunft gestalten, Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vom November 2013
https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf