Die CSU hat ein Problem!

Warnplakat einer CSU-Initiative vor der Demo #ausgehetzt im Juli 2018
Die Reaktionen des bayerischen Justiz- und des Innenministers zur Demonstration #jetztgilts in München belegen, dass die CSU kein Gespür mehr dafür hat, wie der bayerische Wähler tickt. Mit Diffamierung und Bevormundung von oben herab geht da nämlich gar nichts!
München zeigt, wie Demo auch gehen kann: Unter dem Motto #jetztgilts kamen am gestrigen Tag der Einheit erneut viele tausend in der Münchner Innenstadt zusammen, um ihre Haltung und Meinung zu bekräftigen: Gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz, gegen Abschiebungen und AnkER-Zentren, für Seenotrettung und Kirchenasyl und ganz generell gegen eine Politik der Angst, wie sie vor allem von der bayerischen Noch-Staatspartei CSU verbreitet wird. Es war dies nach #nopag, #ausgehetzt und #ausspekuliert nun die vierte große Demonstration innerhalb weniger Monate in München. Trotz schlechten Wetters kamen, sagt die Polizei, rund 21.000 Teilnehmer. Die Veranstalter sprechen von bis zu 40.000.

Klasse! Die Münchner Polizei

Der Polizei in München gilt – wieder einmal – ein großes Lob: Hat sie doch aktuell mit der Wiesnwache auf dem Oktoberfest nicht nur die größte Polizeidienststelle in Bayern zu stemmen und sieht dort jede Menge Unappetitlichkeiten und Unanständigkeiten der weitgehend betrunkenen „Klienten“. Zeitgleich dazu liefert sie bei der Begleitung dieser Demo erneut ein Beispiel dafür ab, dass die „Münchner Linie“ unter dem Polizeipräsidenten Hubert Andrä [1] und seinem Stab Zeichen setzt für Polizeiarbeit mit Augenmaß, Besonnenheit und politischer Überparteilichkeit.

Es demonstriert die Mitte der Gesellschaft

Wie schon bei den drei Vorgänger-Veranstaltungen nahmen auch diesmal wieder viele Familien mit Kindern und viele ältere Menschen teil [Bilderstrecke der Süddeutschen Zeitung]. Das wird als Zeichen dafür angesehen, dass der Protest „aus der gesellschaftlichen Mitte“ kommt. Ein Sprecher der Polizei lobte die Teilnehmer als ein „zu 99 Prozent sehr angenehmes Publikum“ und sprach von „Demonstrationskultur pur“ [2].

Weiss die CSU eigentlich noch, wie der Bayer tickt?

Das machte die Sache nicht einfacher für das Führungspersonal der CSU. Die hatten schon im Juli, bei #ausgehetzt, mit den flugs noch in der Nacht vor der Demo an der Route aufgestellten Warnplakaten das Gegenteil von dem erreicht, was beabsichtigt war: Einen solchen Akt der „Obrigkeit“ nehmen Bayern, OBERbayern ganz besonders, schon seit grauer Vorzeit krumm. Die vielen Zuagroasten in der Münchner Metropolregion haben schnell gelernt, diesen Wesenszug zu übernehmen. Beide werden so richtig bockig, wenn man ihnen zu verordnen versucht, was sie zu denken haben. Dass die CSU-Granden nicht einmal mehr diesen urbayerischen Wesenszug richtig einschätzen können, zeigt, wie sehr sie sich vom Wähler entfernt haben.

Wenige Tage vor der Landtagswahl hat die CSU nichts hinzugelernt: Denn die Fehleinschätzung wiederholte sich auch nach dieser Demonstration. Schon kurz nach Ende der Demo am Einheitstag twitterte der bayerische Justizminister Winfried Bausback

Ins gleiche Horn stieß der bayerische Innenminister Herrmann, als er noch am Abend in einer Pressemitteilung „SPD und Grünen gemeinsame Sache mit extremistischen Organisationen“ [3] vorwarf. Und vor „übler Stimmungsmache der PAG-Gegner“ warnte. Darauf folgte ein Lobgesang auf die Segnungen der elektronischen Fußfessel, die bisher in acht Fällen angeordnet worden sei. Damit konnte die Bayerische Polizei verhindern, sagte Herrmann, „dass Schlimmeres passiert“.

Die Beispiele zeigen: Mit differenzierter Betrachtungsweise haben sie’s beide nicht, die Herren Minister aus dem Kabinett Söder. Viele Wähler in Bayern sind ihnen da einen großen Schritt voraus. Sie wissen, dass eine funktionierende, personell gut ausgestattete Justiz es überflüssig machen würde, dass die Polizei mit Befugnissen ausgestattet werden „muss“, die bisher Richtern bzw. Staatsanwälten vorbehalten waren. Die Wähler wissen auch, dass solche Befugnisse missbraucht werden können und haben aus diesem Grund Angst. Da nützt es auch nichts, dass Papa Herrmann treuherzig versichert, er werde schon aufpassen, dass kein Missbrauch geschieht. Selbst wenn man ihm das abnimmt: In wenigen Wochen könnte die Bayerische Landesregierung ganz anders besetzt sein. Eine Aussicht, die angesichts der desaströsen Politik der CSU in den letzten Jahren mehr als wahrscheinlich ist.
Salvini lässt derweil schon mal grüßen!

Disclaimer

Die Autorin ist seit vielen Jahren im Großraum München zu Hause.

Quellen

[1]   München: Polizeipräsident Hubert Andrä im Porträt, 01.01.2016, Süddeutsche Zeitung
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchens-polizeipraesident-hubertus-andrae-die-muessen-sich-warm-anziehen-1.2803128

[2]   Polizei bringt CSU in die Zwickmühle: Wie reagieren Söder & Co. jetzt auf die Großdemo?, 03.10.2018,m 21.11 Uhr, Münchner Merkur

[3]   Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zur heutigen Demonstration in München, 03.10.2018, Bayerisches Staatsministerium des Innern und für Integration
https://www.bayern.de/bayerns-innenminister-joachim-herrmann-zur-heutigen-demonstration-in-muenchen/

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