Verwaltungsgericht bestätigt Beschränkungen für den Sternmarsch
Delegation von 50 darf „unter Auflagen“ am Schloss demonstrieren
Das Aktionsbündnis StopG7 Elmau hatte für den Sonntag einen Marsch von Demonstranten von mehreren Orten aus zum Tagungszentrum in Elmau beantragt. Dieser Antrag war nur mit erheblichen Beschränkungen genehmigt worden: So ist z.B. das für eine Demonstration zugewiesene Straßenstück in Klais ganze 40 m lang. Und damit etwa so lang, wie der Bescheid des Landratsamt – aneinandergelegt – lang sein würde, wie Ingrid Scherf, Sprecherin der „Demo-AG“ des Bündnis bei der letzten Pressekonferenz erklärte. Gegen den Bescheid des Landratsamtes, er war nach langem Überlegen dort am Montag, dem 01.06. ausgelaufen, hatte das Bündnis am Dienstag Klage mit Eilantrag eingereicht. Über die wurde nun heute Nachmittag entschieden.
Das Gericht sieht die Beschränkungen aus Gründen der Gefahrenabwehr als berechtigt an. Gesteht aber immerhin zu, dass „im Hinblick auf den hohen Rang des Versammlungsgrundrechts“ dem Antrag der Anmelder stattgegegeben wird, eine Delegation von höchstens 50 Personen in Hör- und Sichtweite der Veranstaltung im Schloss Elmau zu entsenden. Dem Landratsamt bleibt es allerdings unbenommen, „aus Sicherheitsgründen“ Auflagen zu verhängen, wie etwa die zeitliche Beschränkung der Delegation.
Wir entnehmen daraus, dass das Gericht die Anwesenheit von mehreren hundert BKA- und Bundespolizeibeamten, ganz zu schweigen von den sicher zusätzlich vorhandenen, zahlreichen US-Sicherheitskräften, im innersten Sicherheitskreis allein noch nicht für ausreichend erachtet, um 50 zuvor gründlich kontrollierte Demonstranten in Schach zu halten.
Update am 07.06:
Beschwerdeinstanz kassiert, wiederum „aus Sicherheitsgründen“ auch diese Option.
Innenminister Herrmann als Scharfmacher
Die Kosten, vor allem aber Art und Umfang der Sicherheitsmaßnahmen, stoßen auf immer breitere Kritik. Bei der gestrigen Demo in München gab es zu diesem Punkt mit die lautesten Buh-Rufe überhaupt. Zumal der absolut friedliche Verlauf der größten Demonstration in München seit fast 25 Jahren zu starken Zweifeln berechtigt über die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes von (insgesamt) mehr als 24.000 Polizisten in Sachen G7-Gipfel.
Politisch verantwortlich dafür ist der bayerische Innenminister Herrmann. Der nicht müde wird zu betonen, dass allein das Risiko des Auftretens von gewalttätigen Demonstranten diesen Einsatz notwendig mache. „Wir gehen von mindestens zwei- bis dreitausend gewaltbereiten Leuten aus, die sich am Wochenende hier in Garmisch aufhalten könnten“, wiederholt Herrmann wie ein Mantra schon seit Tagen. Woher er diese Zahl hat, ist unbekannt. Sie dürfte allerdings auch bei der Entscheidung des Gerichts (siehe Meldung oben) eine Rolle gespielt haben.
Obwohl auch die bisherigen Aktionen in Garmisch bisher friedlich blieben, legte Herrmann heute noch einmal nach. Er kündigte einen harten Kurs gegen Gewalttäter an und das Ziel, dass es bei gewalttätigen Ausschreitungen „möglichst viele Festnahmen“ geben solle. Entsprechend martialisch wurde die Polizei heute in Garmisch in Stellung gebracht. In voller Kampfmontur und -bewaffnung und bei gefühlt weit über 30 Grad wurden viele hundert Polizisten dort in einen Einsatz unter Saunabedingungen geschickt, um sehr überschaubare Aktionen der Gipfelgegner zu „begleiten“. Mal waren es 60 Demonstranten, dann 300 bei einer dieser Demo-Aktionen. Diese Machtdemonstrationen der Polizei erzeugen Stress und wecken Aggressionen auf beiden Seiten.
Souveränes Handeln eines Innenpolitikers sieht anders aus, von der angeblichen Deeskalation ganz zu schweigen. Das Agieren von Herrmann drängt einem den Eindruck auf, dass er Aggression der Gipfelgegner geradezu provozieren möchte. Denn erst dann könnte er behaupten, dass die Sicherheitsmaßnahmen tatsächlich „gerechtfertigt“ gewesen seien.
Widersprüchliches von der Kanzlerin
Von der Kanzlerin wissen wir inzwischen, worüber sie beim Gipfel nicht reden will: Erstens: Griechenland und zweitens: Die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA.
Widersprüchliches teilte sie mit zu den Beratungen an sich: Es sei notwendig, dass „Staats- und Regierungschefs zu solchen Beratungen zusammenkommen„. Denn: „Wir haben in der Geschichte Europas gesehen, wohin es geführt hat, wenn nicht gesprochen wurde.“ Es bleibt dann allerdings Merkel’s Geheimnis, warum ausgerechnet der russische Staatspräsident Putin dann nicht zum Gipfel eingeladen wurde.
In der gestrigen Demonstration in München erkannte sie „eine Bereicherung der Demokratie“. Schon vor zehn Tagen ließ sie wissen, dass beim Gipfel „deutliche Fortschritte für die drei großen Freihandelsakommen“ erreicht werden sollen – CETA, TISA und TTIP. Vermutlich hat Merkel dann doch nicht allzu genau hingeschaut und hingesehen, was alle Teilnehmer der gestrigen Demonstration auf die Straße brachte: Ihre strikte Ablehnung gegen den Abschluss dieser Abkommen.
Insofern nehmen wir an, dass Frau Merkel unter Demokratie versteht, dass man auf die Straße gehen und seine Meinung zum Ausdruck bringen darf. Womit der Demokratie dann allerdings Genüge getan ist. Was die Kanzlerin tatsächlich beabsichtigt und umsetzt, hat mit den erklärten Wünschen der Bürger dann nichts mehr zu tun.