Demonstranten-Bewirtschaftung oder:
‚A Hund is er scho, der Herrmann …‘
„Unter Bewirtschaftung versteht man die sinnvolle und wertschöpfende Nutzung von vorhandenen Ressourcen“, sagt Wikipedia. In diesem Sinne bewirtschaftet der bayerische Innenminister Herrmann schon im Vorfeld die Zahl der Demonstranten bei den Protestaktionen. Geradezu mantrahaft wiederholt er gegenüber jedem Mikrofon, das ihm entgegengehalten wird, er rechne „mit mehreren tausend gewaltbereiten Gipfelgegnern“. In Garmisch und Umgebung dürfte diese Einschätzung kaum zutreffen, wie gerade Herrmann bestens weiß. Denn die Polizei hat das gesamte Werdenfelser Land seit heute morgen so abgeriegelt, dass sich jeder, der sich per Auto, Bus oder Bahn nähert einer intensiven Polizeikontrolle ausgesetzt sieht. Und wer nach Garmisch vordringen will, sollte „Papiere mitbringen, die nachweisen, dass er dort z.B. einen Urlaub gebucht hat.“ Bei den Kontrollen an den Grenzen – gestern wurde die bisherige Zahl mit rund 80.000 kolportiert – blieb bisher auch kein gewaltbereiter Gipfelgegner im Schleppnetz hängen.
Eines erreicht die Meinungsmache von Herrmann jedoch schon jetzt: Die Zahl der Demonstranten wird erheblich kleiner sein als ohne die innenministeriellen Warnungen. „I dad scho demonstrier’n“ habe ich in den letzten Tagen von vielen, gerade älteren Leuten auf der Straße gehört. „Oba I trau mi ned, wissn’s schon – wegn die Chaoten“. Ganz scheint sich Herrmann jedoch auf seine eigene Prognose nicht zu verlassen. Sonst würde die Polizei nicht – gefühlt – für jeden Bewohner in Garmisch einen Polizeibeamten aufbieten.
Self-fulfilling prophecy Und wenn sich dann, hinterher, herausstellen wird, dass die Protestmaßnahmen im wesentlichen friedlich verlaufen sind, ist das – selbstredend – vor allem dem energischen Wirken der (bayerischen) Polizei im Vorfeld zuzuschreiben.
ZooOrtsbesuch in Oberbayern
Krün heißt die Gemeinde, zu deren Gebiet der Ort Klais gehört und von wo aus die einzige Straße zum Schloss Elmau führt. Das Dorf hat erhebliche Finanzmittel im Vorfeld des Gipfels erhalten, um die gemeindliche Infrastruktur aufzuhübschen. Dafür soll die Ortsbevölkerung nun ihre Dankbarkeit unter Beweis stellen: Die Bundeskanzlerin und der amerikanische Präsident Obama werden am Sonntag Vormittag nach Krün kommen und sich in das Goldene Buch des Dorfes eintragen. „Trachtler … sowie die örtlichen Vereine sollen den beiden Spitzenpolitikern ihre Aufwartung (sic!) machen„, schreibt der Merkur. Umrahmt wird das Ganze von „Alphornbläsern und der Musikkappelle des Dorfes“.
Es wird strikt darauf geachtet, dass nur Krüner Bürger der Ehre des hohen Besuchs teilhaftig werden. Personalausweis mit eingetragener Krüner Wohnanschrift müssen vorgezeigt werden: „Sowohl Merkel als auch Obama wollen ein kurzes Grußwort an die Bevölkerung richten“. Dieses Ereignis wird „vom Bayerischen Fernsehen live im TV übertragen“. Für alle anderen jedoch wird „Krün abgeriegelt sein“, sagt Bürgermeister Schwarzenberger. Der ist übrigens von der CSU und hat bei der letzten Wahl 82,46% der Stimmen seiner Gemeindebürger geholt. Na dann, kann ja wirklich nichts mehr schiefgehen …
Quellen: Beim G7-Gipfel: Obama und Merkel besuchen Krün, 03.06.2015, Merkur
Quelle des Bildes: The Austrian National Library, the historical archives of the ORF, the Association for the History of the Workers’ Movement, and the archives of the Austrian Society for Contemporary History at the University of Vienna.
Garmisch am Samstag: Auch für Journalisten nur schwer zu erreichen
Am Samtag ist in Garmisch eine Demonstration angekündigt (und auch genehmigt). Einerseits ist zu erwarten, dass nicht allzu viele Menschen es schaffen werden, ihre Teilnahmeabsicht umzusetzen. Davor sind nämlich mehrere Polizeikontrollen bei der Anfahrt zu überwinden. Und wer nicht gute Gründe hat, könnte sich mit dem polizeilichen Argument konfrontiert sehen, dass aus Gründen der Gefahrenabwehr – ein sehr mächtiges Argument aus dem Polizeirecht – eine Weiterfahrt nicht möglich ist.
Selbst für den Gipfel akkreditierte Journalisten werden es schwer haben, am Samstag aus Garmisch zu berichten. Zwar heißt es im Medienpaket des Bundespresseamts, dass mit dem Auto anreisende Journalisten nach Vorlage ihrer Akkreditierung bis Ohlstadt fahren und ihr Fahrzeug dort im Hof des Bayerischen Landgestüts abstellen können. [Ohlstadt ist 23km von Garmisch entfernt.] Von dort verkehre ein Shuttleservice zum Medienzentrum. Bisher ist es mir allerdings nicht gelungen, beim Bundespresseamt in Erfahrung zu bringen, ab wann und in welchem Turnus dieser Bus eigentlich fährt. Das sei derzeit noch in der Planung, erfuhr ich gestern im Medienzentrum. Man beabsichtige jedoch, den Medienvertretern am Samstag „ein Medienhandbuch“ zur Verfügung zu stellen. Ganz sicher fährt der Shuttle erst ab dem Sonntag …