Bei Smart Metern muss genau hingesehen werden

Der Einbau von intelligenten Stromzählern (Smart Meter) wird ab 2020 auch für Privathaushalte verpflichtend. Jüngste Forschungsergebnisse zeigen bei einigen Systemen in den Niederlanden eklatante Messfehler. In Deutschland will man alles im Griff haben.

Niederländische Forscher der Universität Twente stellten bei einem Test von neun elektronischen Energiezählern fest: Fünf von neun der geprüften Smart Meter aus den Baujahren 2004 bis 2014 erfassten den Stromverbrauch nicht korrekt. Während in zwei Fällen die Zähler um bis zu 30 Prozent zu niedrige Werte lieferten, lagen die Messergebnisse in einem Fall sogar rund 580 Prozent über dem tatsächlichen Stromverbrauch. Die extrem hohe Fehlmessung konnten die Forscher auf einen zu geringen Stromdurchfluss zurückführen, etwa wenn LED-Lampen und Energiesparlampen über Dimmer gedrosselt wurden. [1] Die geprüften Smart Meter waren in den Niederlanden zugelassen, kamen teileweise aber auch in Deutschland zum Einsatz.

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) bestätigte umgehend, dass die Forscher damit ein bereits seit Jahren bekanntes Problem erfasst hatten [2]. Dieses sei ihrer Kenntnis nach bei den jüngsten Messgeräten inzwischen behoben. Dennoch will sie die niederländische Studie noch einmal genauer auswerten, sobald die Forscher weitere Einzelheiten über die eingesetzten Messverfahren veröffentlichen. Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE kam laute heise online [3] zu einer ähnlichen Schlussfolgerung und versicherte, dass bei den Smart Metern, die ab 2020 auch in Privathaushalten Pflicht werden, keine relevanten Messfehler zu erwarten seien.

Prüfung durch die Eichbehörden

In Deutschland sind die Eichbehörden für die Marktbeobachtung zuständig. Zweifelt ein Stromkunde daran, dass sein Stromzähler richtig misst, wendet er sich zunächst an seinen Stromversorger. Dieser wiederum kontaktiert einen der vier Netzbetreiber. „Der Netzbetreiber baut den Zähler bei einer vom Verbraucher geforderten Befundprüfung aus, die Überprüfung findet immer bei einer staatlich anerkannten Stelle oder dem Eichamt statt“, erklärt Johanna Kardel von der Verbraucherzentrale Bundesverband gegenüber CIVES. Damit ist eine Überprüfung von unabhängiger Stelle gewährleistet. Gleichwohl sind Messfehler bei Energiezählern der Genauigkeitsklasse 2 erlaubt, die weniger als zwei Prozent des gesamten elektrischen Energiebedarfs eines Jahres ausmachen.

Handelt es sich um einen Messfehler, der diesen Rahmen sprengt und bei allen Zählern des gleichen Bautyps vorkommt, muss der Netzbetreiber den Zähler auf eigene Kosten bei allen betroffenen Kunden austauschen. Grundsätzlich muss der Energieversorger seine Rechnung korrigieren, wenn sie auf falschen Messdaten beruht. Verbraucherschützerin Kardel hat die Beobachtung gemacht, dass dies in der Praxis allerdings nur sehr selten vorkommt. Meistens lasse sich eine erhöhte Rechnung auf einen tatsächlich erhöhten Stromverbrauch zurückführen.

Bidirektionale Kommunikation mit dem Smart Meter

Smart Meter Gateways, die in Deutschland auch den Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entsprechen müssen [4], sind erst seit kurzem auf dem Markt. Sie können eine nach außen abgesicherte, bidirektionale Kommunikation zwischen Verbraucher, Erzeuger und Netzbetreiber abwickeln. Eine Pflicht zur viertelstündliche Verbrauchsmeldung an die Netzbetreiber gilt nur für Stromkunden mit einem Verbrauch von mehr als 10.000 Kilowattstunden. Bestehen Kleinverbraucher auf der Nutzung variabler Tarife, müssen auch sie sich mit der laufenden Datenübertragung abfinden. Gleichwohl sind auch sie zum kostenpflichtigen Einbau des Zählers ab 2020 verpflichtet. Die Verbrauchsdaten werden von den vier großen Übertragungsnetzbetreibern aggregiert. Verfügen Stadtwerke über mehr als 100.00 Kunden, können sie auf die Daten zugreifen.

Apropos Datenzugriff: Der ist und soll exklusiv bleiben, die Verwertung durch Dritte ist explizit nach §70 Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) verboten – es sei denn, die Einwilligung des Kunden liegt vor. Die Einwilligung darf sich entsprechend den Datenschutzgesetzen nicht im Kleingedruckten der AGB verstecken, sondern muss ausdrücklich erteilt werden. Außerdem dürfen die Daten nach §49 MsbG nicht von Polizei und Sicherheitsdiensten beschlagnahmt werden. Entsprechende Möglichkeiten zur Rasterfahndung hätte wohl die Akzeptanz für die digitalen Messsysteme von vornherein geschmälert. Die Verwendung von anonymisierten Daten bleibt allerdings möglich.

Smart-Meter-Pflicht auch für reine Konsumenten

Smart Meter lohnen sich derzeit für die Verbraucher, die selbst Strom erzeugen, selbst einspeisen, selbst die Stromrechnung nach unten drücken können – die einschlägigen Stichworte dazu lauten ‚Bürgerwind‘, ‚Contracting‘, Mini- und Mikro-‚Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen‘ sowie intelligente Infrastrukturen. Die EU-Kommission hat im November 2016 eine Reihe von Regelungsvorschläge für die Neuordnung des europäischen Energiemarkts veröffentlicht [5]. Sie drehen sich darum, wie künftig Energie erzeugt, verteilt und verbraucht wird. Abgesehen davon, dass mit der europäischen Regulierung der in Deutschland übliche Einspeisevorrang für erneuerbare Energien zurückgenommen werden soll, sieht die Kommission aber auch neue Regelungen für Prosumenten vor. Dabei handelt es sich um Verbraucher, die einen Teil ihres Strombedarfs selbst erzeugen.

Technische Erfolgsfaktoren und Hemmnisse für Bürgerwind, Contracting, Mini- und Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sowie intelligente Infrastrukturen. (Quelle: [6])

Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert allerdings, dass im Moment eben nur Hauseigentümer oder Anteilseigner von Wind- und Solarparks sich an der Stromeinspeisung beteiligten dürfen. [7] Mieter sind im Moment von der Regelung ausgenommen. Die Verbraucherschützer betonen, dass die individuelle Kosten-Nutzen-Betrachtung aus Sicht der Verbraucher beim Einbau von Smart Metern stärker beachtet werden sollte. Sie sollen sich deshalb auch gegen die Nutzung und Datenübertragung eines Smart Meters aussprechen können, was bisher nicht möglich ist. Außerdem sollten die Smart Meter-Daten portabel sein und der Datentransfer ohne zusätzliche Kosten für Verbraucher gewährleistet sein. Daran hakt es im Moment noch.

Quellen

[1]   Static energy meter errors caused by conducted electromagnetic interference, IEEE Electromagnetic Compatibility Magazine, Volume: 5, Issue: 4, Fourth Quarter 2016
http://ieeexplore.ieee.org/document/7866234/?reload=true

[2]   Messabweichung bei elektronischen Stromzählern, Stellungnahme der PTB zu Ergebnissen der Universität Twente, 13.03.2017
https://www.ptb.de/cms/de/presseaktuelles/journalisten/nachrichtenpresseinformationen/presseinfo.html?tx_news_pi1%5Bnews%5D=8113&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bday%5D=13&tx_news_pi1%5Bmonth%5D=3&tx_news_pi1%5Byear%5D=2017

[3]   Smart Meter mit Messfehlern: Laut PTB und VDE kein Problem, 15.03.2017
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Smart-Meter-mit-Messfehlern-Laut-PTB-und-VDE-kein-Problem-3654229.html

[4]   Smart Metering Systems, Information auf der Website des BSI
https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/DigitaleGesellschaft/SmartMeter/smartmeter_node.html

[5]   Legislativpaket der EU-Kommission zum Energiemarkt sowie zu Energie- und Klimazielen, 30.11.2016
http://ec.europa.eu/energy/en/news/commission-proposes-new-rules-consumer-centred-clean-energy-transition

[6]   Gerhard Fuchs (Hrsg.): Lokale Impulse für Energieinnovationen, Bürgerwind, Contracting, KWK, Smart Grid, Springer 2007

[7]   Verbraucher in den Mittelpunkt der Energiewende stellen, 23.02.2017, Verbraucherzentrale Bundesverband
http://www.vzbv.de/dokument/verbraucher-den-mittelpunkt-der-energiewende-stellen

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