Warum die Republikaner Donald Trump schweigend gewähren lassen

Unter den republikanischen Politikern im US-Senat und -Kongress sind zahlreiche kluge und gebildete Leute. Haben Sie sich eigentlich auch schon gefragt, warum die dem Herumholzen von Trump an Werten, Rechten und Gesetzen so tatenlos zusehen?! Der redaktionelle Beirat der New York Times hat darauf eine plausible Antwort gegeben [1]: Die Republikaner lassen Trump gewähren und erhalten im Austausch dafür die politischen Entscheidungen, die sie immer schon haben wollten.
Hier eine Übertragung dieses bemerkenswerten Kommentars ins Deutsche …


Bei seiner Rede zum Amtsantritt hatte Trump versprochen, die Macht „von Washington“ zu übertragen und sie dem amerikanischen Volk zurückzugeben. Stattdessen übertragen er und seine Kumpane die Macht an die Wall Street, an Produzenten fossiler Brennstoffe, an die chemische Industrie und andere Interessenvertreter und schüren Kampagnen gegen Schutzrechte für Verbraucher und Arbeitnehmer.

Ein erstes Beispiel: Dienstag Nacht folgte der Senat dem Kongress – die entscheidende Stimme dafür kam vom Vizepräsidenten Mike Pence – in der Entscheidung, eine Regelung außer Kraft zu setzen, die es Verbrauchern erlaubt hätte, Sammelklagen gegen Banken und andere Finanzinstitutionen einzureichen; anstatt gezwungen zu sein, den Rechtsstreit in einem Schiedsgerichtsverfahren zu führen. Diese Regelung war geschaffen worden, nachdem solche Finanzinstitutionen tausende von Amerikanern durch ihren Betrug und ihr gesetzwidriges Verhalten in den Ruin getrieben hatten. Sie steht in einer Reihe mit zahlreichen anderen Regelungen aus der Obama-Ära, die der Kongress und Trump geschreddert haben. Und die sie inzwischen durch Regelungen ersetzt haben, die den gut Situierten zum Vorteil gereichen und den Durchschnitts-Amerikaner benachteiligen.

Anschläge auf das Gesundheitswesen

Trump unterzeichnete eine Verfügung, die es Versicherern erlaubt, ärmlich ausgestattete Krankenversicherungen zu verkaufen, die Personen mit Vorerkrankungen nicht schützen und die den Markt der unter Obama geschaffenen Krankenversicherung destabilisiert. …

Die Trump-Regierung machte es leichter für Arbeitgeber, nicht länger kostenlose Verhütungsmittel an Angestellte auszugeben, wenn sie dafür religiöse oder moralische Bedenken vorbringen. Sie kündigte außerdem an, dass Verhütungsprogramme für Jugendliche zwei Jahre früher als geplant auslaufen. …

Schäden für die Umwelt

Der Kongress hat ein Gesetz aufgehoben, das Kohleproduzenten darin beschränkte, den beim Abbau entstehenden Abraum in Flüsse und Wasserläufe zu kippen. Ländliche Siedlungen, Wälder und wildlebende Tiere werden dadurch gefährdet.

Der [von Trump neu ernannte] Chef der amerikanischen Umweltschutzbehörde, Scott Pruitt, hat eine Empfehlung des Stabes seines Hauses zurückgewiesen, mit der das Insektizid Chlorpyrifos verboten werden sollte. Das Mittel steht im Verdacht, für Entwicklungsstörungen bei Kindern verantwortlich zu sein. Außerdem hat Pruitt damit begonnen, den Clean Power Plan abzuschaffen, der unter Obama erlassen worden war mit dem Ziel, die Erderwärmung durch Kraftwerke wirksam zu begrenzen.

Angriffe gegen Arbeitnehmer(rechte)

Der Kongress hat ein Gesetz aus der Obama-Regierungszeit aufgehoben, das von Firmen, die sich um Bundesaufträge von 500.000 $ oder mehr bewarben, verlangte, dass sie gravierende Verletzungen von Arbeits- oder Sicherheitsbestimmungen offenlegen und beseitigen. Er hat ein weiteres Gesetz aus der Obama-Zeit außer Kraft gesetzt, das Arbeitgeber dazu verpflichtet hätte, die Dokumentation über Arbeitsplatzunfälle für fünf Jahre aufzubewahren, um sicherzustellen, dass Arbeitgeber solche Informationen nicht verheimlichen. Die Behörde zur Durchsetzung des Bundesarbeitssicherheitsgesetzes hat Änderungsvorschläge vorgelegt, die darauf abzielen, ein Verfahren einzuschränken, das eigentlich dafür vorgesehen war, Arbeiter vor Beryllium zu schützen, einem Mineral das zu Lungenschäden führt und auf dessen Konto geschätzt etwa 100 Tote im Jahr gehen sollen.

Das US-Bildungsministerium hat das Inkrafttreten eines Gesetzes aus der Obama-Ära verschoben, mit dem erreicht werden sollte, dass gewerbliche tätige Fachoberschulen, die sich um Förderung aus Bundesmitteln bewerben, auch tatsächlich für eine gute Berufsqualifikation ihrer Absolventen sorgen und sicherstellen, dass die Belastung der Schüler durch Ausbildungskredite nicht untragbar wird.

Obwohl sich die Republikaner ja selbst gerne als die Vorreiter der Rechte der Bundesländer darstellen, hat es der Kongress für die Länder und für Kommunalverwaltungen schwieriger gemacht, Pensionsrücklagen für solche Arbeitnehmer zu bilden, deren Arbeitgeber nicht in die übliche Rentenversicherung [401(k)] einzahlen.

Wohnen wird teurer

Das Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung der Vereinigten Staaten hat ein Gesetz um zwei Jahre hinausgeschoben, das dazu gedacht war, armen Leuten in Gegenden mit hohen Wohnkosten unter die Arme zu greifen.

Unterstützung für große Firmen

Der Kongress hat eine Vorschrift der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde SEC abgeschafft, mit der die Korruption ausländischer Regierungen durch Ölförderungs- und Bergbaugesellschaften besser aufgedeckt und eingeschränkt werden sollte. Unter der Führung eines von Trump Ernannten hat die [an sich unabhängige] Bundeseinrichtung zur Regulierung des Telekommunikationswesens [vergleichbar mit der Regulierungsbehörde für Telekommunikation in Deutschland] die Beschränkung der Zahl der Fernsehsender gelockert, die ein einzelnes Unternehmen besitzen darf. Überlegungen für weitere Lockerungen existieren bereits; sie würden vor allem dem konservativen Medienunternehmen Sinclair nützen und die Vielfalt der Stimmen unter den Radio- und Fernsehsendern des Landes weiter einschränken.

Ferner hat der Kongress eine weitere Vorschrift dieser Regulierungsbehörde aufgehoben, die vorsah, dass die Telekommunikationsfirmen die Einwilligung ihrer Kunden einholen müssen, bevor sie deren personenbezogenen Informationen speichern, nutzen und verkaufen.

Lebensbedrohliche Entscheidungen

Kongress und Senat haben eine Verordnung aufgehoben, die dafür gesorgt hätte, dass die etwa 75.000 Personen, die an Schizophrenie oder anderen psychischen Störungen leiden – und unter der Voraussetzung, dass sie aufgrund dieser Erkrankung nicht in der Lage sind, ihre eigenen Finanzangelegenheiten zu regeln – sich eine Waffe kaufen.

Noch allerdings müssen die Republikaner im Kongress auf die Verwirklichung eines ihrer kühnsten Träume warten, nämlich gigantische Steuererleichterungen für die Reichen – und sie zählen auf Trump, dies umzusetzen. [Diese Einschätzung, gerade zwei Tage alt, wurde gestern von der Wirklichkeit überholt. Siehe [a] …] Spielverderber, wie dieser Senator Jeff Flake aus Arizona, mögen sich über solchen Kinderkram aufregen, wie – so sagte er am Dienstag im Senat – „die Gefahren gegen Grundsätze, Freiheitsrechte und Institutionen, die schamlose Missachtung von Wahrheit und Anstand“ [2a, 2b]. Doch was ist all das schon verglichen mit der Goldgrube, die sich hier auftut?

Fußnote

[a]   Das Rennen der Republikaner zur kompletten Überarbeitung der Steuergesetze ging am Donnerstag in die letzte Runde: Die Mitglieder des Kongresses haben mit knapper Mehrheit einen Haushaltsentwurf passieren lassen, der es möglich macht, dass ein Steuergesetz-Entwurf durch den Kongress geht, ohne dass dazu eine einzige Stimme der Demokraten benötigt wird. Die Führer im Senat haben bereits signalisiert, dass dieser Entwurf in beiden Kammern bis Ende November eingebracht, debattiert und verabschiedet werden kann. [3]

Quellen

[1]   The Real Reason for Republicans‘ Silence on Donald Trump, 25.10.2017, New York Times
https://www.nytimes.com/2017/10/25/opinion/republicans-silence-trump.html

[2a]   Enough, 24.10.2017, Jeff Flake in Washington Post
https://www.washingtonpost.com/opinions/enough–it-is-time-to-stand-up-to-trump/2017/10/24/12488ee4-b908-11e7-a908-a3470754bbb9_story.html

[2b]   Übersetzung dieses Artikels in ‚Genug! Es reicht!‘, 25.10.2017, CIVES
https://cives.de/genug-es-reicht-6527

[3]   House Passes Budget Blueprint, Clearing Path for Tax Overhaul, 26.10.2017, New York Times
https://www.nytimes.com/2017/10/26/us/politics/house-budget-blueprint-tax-cut.html

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