Deutschland wird seine selbst gesteckten Klimaziele deutlich verfehlen
So, wie es derzeit aussieht, wird Deutschland seine Klimaziele deutlich verfehlen. Bis 2050 sollte die Emission von Treibhausgasen um 95% gegenüber 1990 gesenkt werden. Tatsächlich werden wohl nur 58% erreicht, sagt der Energieexperte Joachim Nitsch im Rahmen einer Studie [1]. Die Verbrennung von Kohle, Erdgas und Erdöl trägt ganz wesentlich zur Erzeugung von Treibhausgasen bei und müsste daher drastisch reduziert werden. Tatsächlich werden sie jedoch auch noch in dreißig Jahren fast drei Viertel der fossilen Energieträger zum Energieverbrauch beitragen. Wenn nicht endlich drastisch gegengesteuert wird, wofür es keine Anzeichen gibt.
Wenn die Klimaziele tatsächlich so realisiert werden sollten, wie in den Beschlüssen der UN-Klimakonferenz in Paris vereinbart, so müsste die Verbrennung von Kohle, Erdgas und Erdöl reduziert und statt dessen der Anteil der erneuerbaren Energien hochgefahren werden: Das sind Bioenergie, Erdwärme, Wasserkraft, Meeresenergie, Sonnen- und Windenergie. Und zwar schon bis 2025 auf 60%. Davon ist Deutschland derzeit meilenweit entfernt. „Die derzeitige Energiewendeplolitik lässt noch keine kohärente Strategie erkennen, mit der die großen Herausforderungen eines Komplettumbaus aller Sektoren der Energieversorgung … wirksam bewältigt werden könnten“ sagt der Experte Nitsch.
Bisher wurde viel Zeit unnütz verschwendet
- 2007 in Heiligendamm war es: Da ließ sich Frau Merkel beim G8-Gipfel als „Klimakanzlerin“ feiern.
- Vereinbarungen zur Klimapolitik stehen seit dem Herbst 2013 im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD.
- Im Juni 2015, beim Gipfeltreffen der G7 in Elmau, haben die Staats- und Regierungschefs ein verbindliches Zwei-Grad-Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung beschlossen.
- Im Dezember 2015 beim UN-Klimagipfel in Paris haben sich die 195 Vertragsstaaten darauf geeinigt, die Erderwärmung auf ein beherrschbares Maß von deutlich unter zwei Grad und möglichst unter 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.
Was wäre zu tun, um die Klimaziele zu erreichen?
Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die Treibhausgasemissionen weltweit zwischen 2045 und 2060 auf Null zurückgefahren werden! Es wäre zwingend notwendig, Ersatz zu beschaffen für das Verbrennen von Kohle, Gas und Erdöl, weil diese einen wesentlichen Beitrag leistet zu den Treibhausgasen. Es geht dabei auch nicht nur um die Stromerzeugung, sondern auch um Wärmeversorgung und – vor allem – um alternative Energiequellen für den Verkehr. Denn wenn das 1,5%-Ziel tatsächlich erreicht werden soll, müsste die Verbrennung fossiler Energieträger bis ca. 2040 komplett eingestellt und die Gewinnung von Energie für Strom, Wärme und Verkehr im gleichen Zeitrum ersetzt werden durch erneuerbare Energien. Und es kommt auf jedes Jahr an, in dem wirksame Maßnahmen umgesetzt werden.
Was hat die Bundesregierung stattdessen getan?
Dazu passt ganz und gar nicht die Gemächlichkeit, mit der die Regierung seit ihrem Amtsantritt nun fast drei Jahre verstreichen ließ. Jetzt auf einmal, kurz vor der Sommerpause, ist Eile angesagt: Am vergangenen Freitag (25.6.2016) wurde in erster Lesung das „Eneuerbare Energien-Gesetz“ [2] im Bundestag beraten. Zwei Wochen später, am Freitag dem 8.7., dem letzten Sitzungstag des Bundestages vor der langen Sommerpause, soll das Gesetz im Bundestag beschlossen werden. Den Bundesrat hat die Regierung um Fristverkürzung gebeten [3], damit auch dieser noch am gleichen Tag dem Gesetz zustimmen kann.
Wenn man allein in dieser Wahlperiode drei Jahre Zeit hatte: Was ist dann plötzlich so dringlich und eilig, dass man nicht einmal die üblichen drei Wochen Zeit hat, um die Bundestagsausschüsse, den Bundesrat und den Normenkontrollrat in vernünftiger Frist ihre Arbeit tun zu lassen?! Und vermutlich ist diese Fristsetzung auch ganz zufällig so gewählt, dass sie zusammenfällt mit dem Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft am 6. und 7. Juli 2016?!
Das neue Erneuerbare Energien Gesetz wird den Ausbau bremsen statt forcieren
Was nun die Inhalte des Erneuerbare Energien-Gesetzes angeht. Dazu haben Bettina Hennig und Prof. Dr. Felix Ekardt in der Legal Tribune Online [4] eine pointierte Meinung: Sie fragen nämlich, ob das neue Gesetz das Ende darstellt für den Ausbau der Eneuerbaren Energien. Auch sie bestätigen, dass Deutschland den Klimazielen des Paris-Abkommens „meilenweit hinterher“ hinkt. Und stellen fest, dass mit dem vor der Verabschiedung stehenden Gesetz „auch noch ein relativ erfolgreicher Bereich der Energiewende ins Stocken“ gerät. Es soll nämlich insbesondere der weitere Ausbau der Produktion erneuerbarer Energie gedrosselt werden! Dafür wird ein Verfahren installiert, das ungemein bürokratisch-aufwändig und risikobehaftet ist. Die vielen kleinen Anbieter – von Biogas-, Photovoltaik- oder Windkraftanlagen – werden den notwendigen bürokratischen Aufwand nicht stemmen und das Risiko der Verfahrens nicht tragen können und wollen. Und das spielt den großen Anbietern in die Hände.
Ein solches Vorgehen ist weder Zufall. Noch Versehen oder Inkompetenz. Das ist Politik einer Regierung, deren Leitfiguren medienwirksam Behauptungen aufstellen. Während Kabinett und die drei Regierungsfraktionen im Bundestag das Gegenteil von dem beschließen, was zuvor in die Fernsehkameras hinein behauptet worden ist.
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Quellen
[1] Nitsch-Studie: Deutschland verfehlt Klimaziele deutlich, 24.02.2016, IWR Onlinehttp://www.iwr.de/news.php?id=30737 [2] Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien
(Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016)
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/088/1808860.pdf [3] Neues Ökostrom-Gesetz: In Windeseile durchs Parlament, 08.06.2016, Spiegel Online
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/neues-oekostrom-gesetz-in-windeseile-durchs-parlament-a-1096331.html [4] Das Ende des Erneuerbare-Energien-Ausbaus?, 03.06.2016, Legal Tribune Online
http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/eeg-2016-reform-ende-des-ausbaus/