Geldwäsche: Löcherige Gesetze, mangelhafte Kontrolle

Der Immobilienmarkt in Deutschland profitiert von den Geldwäscheaktivitäten krimineller Organisationen. 210 Mrd. Euro wurde von Käufern 2016 für Immobilien bezahlt. Kontrollen gibt es kaum, europäische Geldwäschevorschriften werden nur schleppend umgesetzt.

Wenn Immobilien von Briefkastenfirmen aufgekauft werden, gestalten sich die Ermittlungen für die Staatsanwaltschaften schwierig. Vereinzelte Ermittlungserfolge gibt es, doch sie scheinen eher dem Zufall geschuldet zu sein: Wie ‚Frontal 21‘ berichtete [1], verhafteten Zollfahnder auf einem Grundstück in einem Gewerbegebiet in Salzgitter 2011 eine Bande Zigarettenschmuggler. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass diese ihre illegalen Gewinne in dieses Grundstück sowie mehrere Immobilien investiert hatten. Bezahlt wurde über anonyme Briefkastenfirmen.

Laut Michael Dewald, dem Leiter der Financial Intelligence Unit (FIU) im Bundeskrimnalamt, ist der Immobiliensektor von der Geldwäsche „stark betroffen“. Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von BÜndnis90/Die Grünen, weist darauf hin, dass man in Deutschland „relativ leicht werthaltige Assets, also Immobilien und mittelständige Unternehmen, die richtig Wert haben, erwerben kann“.

Hinzu kommt, dass Deutschland die europäischen Geldwäscherichtlinien so schleppend umsetzt, dass die EU-Kommission gegen Deutschland in den vergangenen Jahren bereits zwei Vertragsverletzungsverfahren eingebracht hat. Ein Streitpunkt war lange Zeit die Einführung eines Unternehmensregisters, das die wahren wirtschaftlichen Berechtigten auflistet. Für Immobilien-Eigentümer ist derzeit kein Transparenzregister geplant.

Überhöhte Kaufpreisangebote

In Frankfurt überprüft die Staatsanwaltschaft derzeit mehr als hundert Immobilienkäufe. Sie vermutet, dass auch hier über Briefkastenfirmen aus Steueroasen Transaktionen abgewickelt wurden. Ein Anzeichen für solche Geschäfte sind überhöhte Kaufpreise: So wurde ein Haus laut einem ‚Frontal 21‘ vorliegenden Gutachten auf 4,7 Mio. Euro geschätzt, die Kaufinteressierten boten aber 7,5 Mio. Euro. Sogar der Makler hielt den Preis für überzogen. Die ‚Frankfurter Rundschau‘ berichtet aktuell über weitere aufsehenerregende Immobiliendeals in diesem Umfeld [2].

Ein Berater des Hauseigentümers sagte den ‚Frontal 21‘-Journalisten, dass man einen Bonitätsnachweis haben wollte bzw. vom Notar bestätigen lassen wollte, dass es sich nicht um Geldwäsche handele: „Aber das wurde immer abgetan, von wegen der Personenkreis wäre bekannt dafür, dass er viel Geld hat.“ Nach Unterzeichnung des Kaufvertrags wurden die Interessenten verhaftet, die zuvor auch bei öffentlichen Versteigerungen zugeschlagen hatten. Das Verfahren läuft derzeit noch.

Meldepflicht läuft ins Leere

Immobilienmakler und Notare müssen schon geringe Auffälligkeiten bei der Polizei melden. Doch die gesetzliche Regelung greift offenbar nicht: Laut FIU meldeten Makler im Jahr 2015 bundesweit 34 Verdachtsfälle, Notare nur einen einzigen. Kreditinstitute hingegen erstatteten 25.447 Meldungen.

Der Finanzexperte Gerhard Schick von BÜndnis90/Die Grünen glaubt, dass es daran liegt, dass man Privatleute dazu verpflichte, „ihre eigenen Kunden anzuschwärzen“. Überdies gilt das Steuergeheimnis für Rechtsanwälte und Notare, was die Kontrolle erschwert. Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) weist darauf hin, dass der Nachweis der Geldwäsche schwierig sei. Denn man müsse in Erfahrung bringen, aus welchen Straftaten das Geld stamme; das sei im außereuropäischen Ausland „nicht nur kompliziert, langwierig, sondern in Teilen auch nicht von Erfolg gekrönt“. Ein Vorschlag lautet daher, Immobilieninvestoren müssten verpflichtend nachweisen, woher ihr Geld stammt.

Mangelhafte Kontrolle

Das Geldwäschevolumen wird auf mehr als 100 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt – einschließlich Glückspiel und Gastronomie, aber Finanzgeschäfte ausgenommen. In Europa gilt Deutschland als der Mitgliedstaat mit dem größten Schwarzgeldmarkt, gleichzeitig gilt das Entdeckungsrisiko als minimal [, was auf einen kausalen Zusammenhang hinweisen dürfte …]. Insbesondere die deutsche Geldwäsche-Aufsicht für Immobilien gilt als schlecht organisiert. In allen Bundesländern sind insgesamt nur rund 50 Schwarzgeldkontrolleure unterwegs, die vielerorts bei der kommunalen Gewerbeaufsicht angesiedelt sind. In Bayern beispielsweise wurde von 2010 bis 2013 kein Makler kontrolliert. Im boomenden Berlin schwankt die Zahl der Makler-Kontrollen zwischen 1 und 55 [3].

Die Kontrolleure in den Ländern sollen von einer neu aufgestellten Financial Intelligence Unit (FIU) des Bundes profitieren, die mit rund hundert Stellen ausgestattet werden soll – derzeit sind es 25 Stellen. Ab Juli 2017soll die noch beim BKA angesiedelte FIU als ‚Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen‘ unter dem Dach der Generalzolldirektion im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums untergebracht werden [4]. FIU-Leiter Dewald glaubt, dass eine einheitlich aufgestellte Aufsicht besser wäre. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vermeidet den hierfür notwendigen Clinch mit den Bundesländern und begnügt sich mit einer Umorganisation auf Bundesebene.

Quellen

[1]   Frontal 21, Beitrag: Geldwäscheparadies Deutschland – Löchrige Gesetze, schwierige
Ermittlungen, Sendung vom 30. Mai 2017, Manuskript
https://www.zdf.de/assets/manuskript-geldwaescheparadies-deutschland-100~original?cb=1497433821663

[2]   Immobilienhandel in Frankfurt, Garten Eden der Spekulanten, Frankfurter Rundschau, 29.05.2017
http://www.fr.de/frankfurt/immobilienhandel-in-frankfurt-garten-eden-der-spekulanten-a-1287259

[3]   So will Schäuble die Schwarzgeld-Flut stoppen, Süddeutsche Zeitung 05.04.2017
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/geldwaesche-her-mit-dem-schwarzgeld-1.3450419

[4]   Der Spur des Geldes folgen, 05.04.2017, Cives
https://cives.de/der-spur-des-geldes-folgen-4747

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