Registrierungszwang für freiwillige Helfer in Griechenland

Die griechische Regierung hat ein sogenanntes Koordinierung-Komitee für die Ägäis und (sonstigen) Inseln eingesetzt, mit dem Ziel die NGOs, Freiwilligen-Gruppen und unabhängigen Helfer auf Lesbos (und anderen Inseln in der Ägäis) zu registrieren, zu bewerten und zu steuern [1]. Dieses Komitee hat bereits zwei Formulare ausgearbeitet: Es muss von sämtlichen NGOs, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind, ausgefüllt und bei der Polizei abgegeben werden, ansonsten sie ihre Arbeit nicht fortsetzen können.

Von den Organisationen werden folgende Informationen abgefragt:

  • Personalien aller Freiwilligen, die für die jeweilige Organisation arbeiten,
  • Erklärung zur „Einkommensquelle“ der jeweiligen Organisation,
  • Beziehungen zu anderen Organisationen, die in Griechenland tätig sind,
  • Wunsch der Organisation über Ort und Art der freiwilligen Tätigkeit,
  • Beschreibung dieser Tätigkeit

Für jede Person die als Freiwilliger tätig ist, werden folgende Informationen verlangt:

  • Name, Adresse, Geburtsdatum und Passnummer,
  • persönliche Fähigkeiten,
  • frühere Tätigkeiten,
  • Ankunftsdatum und (geplantes) Abreisedatum,
  • Beziehung bzw. Kooperation mit Organisation (en), die bereits in Griechenland aktiv ist/sind,
  • vorgesehene freiwillige Tätigkeit in Griechenland,
  • Beschreibung der Tätigkeit,
  • vorgesehener Ort und Art der Tätigkeit

Auf diesen Umstand macht die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch in einem dringenden Appell [2] aufmerksam und bezeichnet den Vorstoß als gravierenden Angriff auf die Meinungs- und Handlungsfreiheit. Er steht im krassen Widerspruch zu einer Empfehlung des Rats der europäischen Gemeinschaft an die Mitgliedsstaaten bezüglich des Rechtsschutzes von Non-Governmental Organisations in Europa [in 2]. Darin wird insbesondere als Grundprinzip definiert, dass NGOs nicht den Anordnung bzw. der Steuerung durch staatliche Stellen unterliegen.

Hintergrund

Die Registrierung aller NGO Und ihrer Freiwilligen ist Teil einer von der EU geführten Strategien, mit der diese unter staatliche Kontrolle gebracht werden sollen. Ziel ist es, freiwillige, lokale Helfer und NGOs daran zu hindern, weiterhin Flüchtlingen zu helfen, wenn sie an den Stränden der Inseln anlanden. Vielmehr sollen die Flüchtlinge als erstes in den so genannten Hotspots, die von der EU und ihren Unterorganisationen kontrolliert werden, „erstbearbeitet“ werden. Diese Absicht ergibt sich aus dem Fortschrittsbericht der EU- Kommission über die Implementierung der Hotspots in Griechenland vom Dezember letzten Jahres. In diesem Dokument wird unter anderem gefordert, dass staatliche Einrichtungen und entsprechend autorisierte Organisationen die „Eingangsbearbeitung“ der an den Stränden anlandenden Flüchtlinge anstelle der NGOs und Freiwilligen übernehmen. Zu diesem Zweck soll, wie es in dem Dokument heißt, „ein strukturiertes System für die Ausschiffung („deembarkation“) an offiziellen „Ausschiffungspunkten“ eingerichtet werden. Ferner sollen eigens benannte Koordinatoren für die Inseln mit den notwendigen (Macht-)Mitteln ausgestattet werden, um die Flüchtlinge gezielt in die Hotspot Areas zu verbringen“.

Dammbruch

Dieser Beschluss ist ein massiver Angriff auf die Meinungs- und Handlungsfreiheit. „Dass Nicht-Regierungs-Organisationen und Freiwillige Listen und Personalien aller ihrer Mitglieder / Helfer bei staatlichen Stellen abliefern müssen, das hat es bisher nur in der Sowjetunion und unter der Stasi in der DDR gegeben“, sagt Statewatch. Tony Bunyan, der Director von Statewatch weiter: „Solche außergewöhnlichen Maßnahmen, die aktuell gerade in Griechenland eingeführt werden, könnten der Standard werden in Europa, wenn sich nicht NGOs und die Gesellschaft klar dagegen aussprechen.“

Es fällt nicht schwer, diesen Gedanken – in Gestalt eines Albtraums – weiterzudenken:

  1. Erst werden die NGOs vergattert, die Namen, Adressen und weitere Einzelheiten zu ihren Mitgliedern und Helfern rauszurücken.
  2. Dann – und das ist ja leider absehbar – werden Vertreter (sehr) rechter Parteien Mitglieder der Regierungen in Kommunen, Ländern und dem Bundestag.
  3. Der Zugriff auf solche Daten ist dann nicht mehr ausgeschlossen.
  4. Und vor dem Haus des freiwilligen Helfers N.N. steht wenig später dann ein Mob und grölt „Wir sind das Volk?!“

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Quellen

[1]   Secretariat General for the Aegean and Island Policy Coordination Committee
      http://www.ypai.gr/cms_files/dynamic//c78011/image.big/INFO_el_GR.pdf   
[2]   NGOs and volunteers helping refugees in Greece to be placed under state control;
      21.02.2016, Statewatch
      http://statewatch.org/news/2016/feb/eu-med-crisis-volunteers-state.htm