Polizei macht dicht – derzeit vor allem Gullydeckel

Beispiel für den Aktionismus von Sicherheitsstrategen, der die Frage aufwirft: Ist absolute Sicherheit machbar?
Mehrere tausend Regenwassereinläufe an der Strecke zwischen Autobahnende und Elmau werden derzeit von Teams der Polizei zugeschweißt. Damit soll die Sicherheit erhöht werden auf einer Strecke, die nur dann genutzt werden soll, wenn Gipfelteilnehmer nicht mehr per Hubschrauber nach Elmau gebracht werden können. Das ist vor allem dann der Fall, wenn das Wetter so schlecht ist, dass Hubschrauber nicht mehr fliegen können.

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Die Vorbereitungen für den Gipfel der G7-Gruppe im Werdenfelser Land treten in die entscheidende Phase. Wie hier schon berichtet, findet dieses Treffen in einem abgeschiedenen Hochtal unterhalb der Zugspitze statt.

Das Nadelöhr für Fahrzeuge auf dem Weg nach Elmau

Der nächste internationale Flughafen – München-Franz-Joseph-Strauß – ist ca. 130 km entfernt. Von dort zum Veranstaltungsort können Hubschrauber fliegen. Sollte das Wetter Hubschrauberflüge allerdings nicht zulassen, ist der Transport der Gipfelteilnehmer per Fahrzeug vorgesehen. Die direkte Strecke führt über den Autobahnring nördlich oder südlich an München vorbei und dann auf die Autobahn A95 Richtung Garmisch-Partenkirchen.

Ab dem Autobahnende geht es weiter auf der B2 im relativ engen Loisachtal [a]. Diese Engstelle von einigen Kilometern Länge ist rechts – Richtung Garmisch gesehen – begrenzt von einem steilen, bewaldeten Berghang. An dessen Fuß verläuft die Bundesstraße B2, zu deren linken Seite die zweispurige Eisenbahntrasse und noch weiter links die Loisach. An deren jenseitigen Ufer folgt Wiesengelände und steilen sich dahinter die Hänge des Ester-Gebirges auf.

Das Risiko der Gullydeckel

Entschuldigen Sie, wenn ich Sie mit der Beschreibung der geografischen Situation gelangweilt habe. Es war notwendig, um deutlich zu machen, wie absurd ist, was nun folgt: Es sind in diesen Tagen nämlich entlang dieser Fahrzeugstrecke Teams der Polizei im Einsatz, die zigtausende Gullydeckel zuschweißen. Der Münchner Merkur [1] berichtet von sechs Zweierteams der Polizei und zeigt ein Foto, das ein solches Team an der beschriebenen Engstelle im Einsatz zeigt. Die Polizisten werden von der Straßenmeisterei unterstützt werden und in deren Hintergrund wirken „Kollegen mit Hunden“ – wozu auch immer …

Ich entnehme daraus, dass die Sicherheit von Gipfelteilnehmern erhöht wird, wenn Gullydeckel nicht von oben oder unten geöffnet werden können. Was mich etwas ratlos zurück lässt. Sollten sich „islamistische Terroristen“ oder „gewaltbereite Gipfelkritiker“ – nach Aussagen des bayerischen Innenministers Herrmann die beiden Gruppen, die ein so massives Sicherheitsaufgebot überhaupt nötig machen – rein vorbeugend in die Schächte zwängen, um zur Stelle zu sein, falls doch ein Politiker auf dem Landweg transportiert werden muss?! Möglich, wenn auch aus mehreren Gründen etwas unpraktisch: Nicht zuletzt, weil es „arabische Terroristen“ sicher gerne warm und trocken haben: Wenn allerdings diese Strecke überhaupt ein Konvoi passiert, ist das Wetter so schlecht, dass Hubschrauber nicht mehr fliegen können (denn sonst würden der Konvoi ja nicht fahren ..). In diesem Fall allerdings sind die Gullys garantiert ganz voll mit ganz viel Wasser … Das kommt nämlich – zumindest an der beschriebenen Engstelle – aus ein paar hundert Metern Höhe …

Oder sollten Bomben in diesen Gullys deponiert sein?! Wäre möglich. Aber was sollte potenzielle Bombenleger davon abhalten, ihre Bomben dann eben nicht in oder unter die zugeschweißte Gullys, sondern wesentlich einfacher in die diversen, wesentlich breiteren Regendurchlässe, kleine Brücken u.ä. zu platzieren, die es allein an der Strecke zwischen Autobahnende und Garmisch zuhauf gibt?! Und nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass der spektakulärste Bombenanschlag auf Fahrzeugkonvois auf Autobahnen der jüngeren Zeit – er geschah nahe Palermo auf Sizilien und galt dem „Mafia-Jäger“ Giovanni Falcone – mit Hilfe einer 500 kg schweren Bombe begangen wurde. Die war nicht unter einem Gullydeckel platziert …

Ausweichrouten oder die Grenzen absoluter Sicherheit

Mit Ortskenntnis – der geneigte Leser mag bemerken, dass die Autorin Ortskenntnis besitzt, da sie sozusagen „Einheimische“ ist in diesen Gestaden – mit Ortskenntnis also, stellt man sich umso mehr die Frage, was diese Aktionismen eigentlich sollen. Jeder Fahrzeugkonvoi, der von München auf der A95, die dann zur B2 wird, weiter über Partenkirchen nach Klais fährt und dort ins Elmauer Hochtal abbiegt, muss durch das oben beschriebene Nadelöhr durch, das sich kurz hinter dem Autobahnende zumacht. Es sei denn, ein Sicherheitsstratege hätte den Nadelöhr-Charakter erkannt und sich auf die Suche nach Ausweichrouten gemacht. Und die gibt es durchaus – nicht unbedingt als „kürzeste Strecke“, wohl aber möglich: So zum Beispiel „links rum“ über Kochel, den Kesselberg und den Walchensee oder „rechts rum“ über Murnau, Bad Kohlgrub und die Unter- und Ober-Ammergaus. Sollen auch dort noch alle Kanaldeckel zugeschweißt werden?!

Ich entnehme daraus zweierlei:

  • Selbst noch einige tausend weitere zugeschweißte Gullydeckel werden das Risiko nicht auf Null reduzieren.
  • Die verantwortlichen Sicherheitsstrategen in diesem Land sind noch weit davon entfernt endlich einzusehen, dass absolute Sicherheit auch durch noch so viel Aktionismus nicht erzwungen werden kann.

[a]   Die Loisach ist ein Bergfluss, der „hinter“ der Zugspitze in Tirol entspringt und nördlich von Wolfratshausen in die Isar mündet. Obwohl sie nur etwas mehr als 100 km lang ist und entgegen all ihre scheinbaren Harmlosigkeit ist die Loisach ein Gewässer, das vor allem mit Hochwassern zur Zeit der Schneeschmelze (d.h. im Mai und Juni) immer wieder Millionenschäden angerichtet hat und nach wie vor anrichten kann.

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Quelle zu diesem Beitrag

[1]   Polizei macht die Gullys dicht, 05.05.2015, Münchner Merkur
http://www.merkur.de/lokales/garmisch-partenkirchen/garmisch-partenkirchen/g7-gipfel-polizei-macht-gullys-dicht-4973236.html

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