Was die Regierung Merkel sagt und was sie tatsächlich tut zum Abgas-Ausstoß von Fahrzeugen

Merkeleien …

Kennzeichnend für das System Merkel ist, dass es große Unterschiede gibt zwischen dem, was die Kanzlerin sagt und dem, was sie tut. Das ist nicht selten das Gegenteil von dem, was sie öffentlich erklärt. Diese Diskrepanzen wollen die ‚Merkeleien‘ aufdecken.

… und zwar zum Thema Abgas-Ausstoß von Fahrzeugen

Was Merkel sagt …

In ihrer Rede zur Eröffnung der 66. Internationalen Automobil-Ausstellung am 17.09.2015 erklärte die Kanzlerin: Vernünftige Rahmenbedingungen fördern den Verkauf. Das überrascht nicht, weil wir auch aus vielen anderen Bereichen, wie etwa der Umweltrechtssetzung wissen, dass Anreize notwendig sind, um bestimmte Märkte zu erschließen. …“ und „Ein geringerer CO2-Ausstoß ist auch ein wichtiger Aspekt bei der Einhaltung der europäischen Umweltnormen, wobei ich gleich noch einmal sagen will, dass wir politisch darauf achten werden, das das, was machbar ist, zwar in Recht gesetzt werden kann, aber dass das, was nicht machbar ist, in Europa auch nicht in Recht gesetzt werden darf.“ [1] [Unterstreichungen / d. Verf.] Im Licht der Manipulation der Testergebnisse in Millionen von Fahrzeugen durch VW stellt sich die Frage, was diese kryptische Andeutung bedeutet.

Was Merkel tut

Bereits vor mehr als zwei Jahre berichteten zahlreiche Zeitungen darüber, dass sich die „Klimakanzlerin“ auf EU-Ebene für eine Verwässerung der Abgasnormen einsetzt. Stellvertretend für viele schrieb die Welt am 28. 06.2013: „Merkel lässt Abgas-Deal platzen“ und führt aus: „Nach Intervention von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde die … geplante Verabschiedung der schon verabredeten niedrigeren CO2-Werte laut EU-Diplomaten auf unbestimmte Zeit verschoben und steht nun ganz in Frage.“ [2]

Was der Verkehrsminister sagt …

Um ein eng verwandtes Thema, nämlich die Art und Weise, wie Abgastests durchgeführt werden, ging es – in Folge des VW-Abgasskandals – auch am 23.09.2015 im Deutschen Bundestag. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Krischer, wollte vom Verkehrsminister wissen, seit wann die Bundesregierung von Manipulationen der Testergebnisse und dem Einsatz von Täuschungsmoduln durch VW gewusst habe. Dobrindt, ein würdiger Vertreter des Systems Merkel, sah wenig Veranlassung, die Frage ehrlich zu beantworten, sondern überzog den Fragesteller zunächst mit moralischer Schelte. Er „missbillige“ dessen Verhalten und halte es für „unanständig“, ereiferte er sich. Trotz diverser Rückfragen zog er sich auf die Behauptung zurück, erst am vergangenen Sonntag, also dem 20.09., von den Manipulationen bei VW Kenntnis erhalten zu haben. Er behauptete ferner, die Bundesregierung setze sich „seit 2011“ mit großem Nachdruck dafür ein, dass realitätsnahe Testverfahren zur Ermittlung des Abgas-Ausstoßes, nämlich solche auf der Straße, eingeführt würden.

Was der Verkehrsminister tut …

Allerdings scheint diese Dobrindt’sche Behauptung nicht den Tatsachen zu entsprechen. Wie die Welt am Sonntag heute berichtet, blockiert die Bundesregierung seit Jahren aktiv die Einführung dieses neuen realistischeren Abgastests durch die EU. Die Zeitung beruft sich auf ein internes Positionspapier, demzufolge der neue Test nicht 2017 eingeführt werden soll, sondern – auf Betreiben der Bundesregierung – erst 2021. [3]

Wie Abgastests in der EU durchgeführt werden …

Wie Abgastests in Amerika und in der EU durchgeführt werden, erläutert Greg Archer, Testmanager bei der Umweltorganisation T&E [4]: In den Vereinigten Staaten werden 10 bis 15% aller Neufahrzeuge durch die zuständige amerikanische Behörde auf der Straße getestet.[NB: Und diese Tests hatten ja auch die Manipulationen in den VW-Fahrzeugen aufgedeckt.] In der EU dagegen sind die Tests allein Sache der Hersteller. Diese bezahlen zertifizierte Testorganisationen dafür, die Tests auf den Prüfständen des Herstellers durchzuführen. Die Hersteller suchen sich dabei – europaweit – den für sie günstigsten Testanbieter heraus. Der Arbeitsplatz des Ingenieurs, der diese Tests überwacht und verantwortet ist somit direkt abhängig vom nächsten Vertrag, den sein Arbeitgeber vom Fahrzeughersteller erhält.

Die Grünen hatten die Bundesregierung schon im Sommer gefragt, ob denn das Kraftfahrbundesamt zuständig sei für solche Tests. Generell ja, lautete die Antwort [5], sie würden jedoch de facto nicht durchgeführt. Allerdings seien für 2015 solche Tests geplant: Dumm nur: Im Haushalt des Kraftfahrtbundesamtes sind keine Planstellen für das dafür nötige Testpersonal auszumachen.

Update am 01.10.2015

Wie der Bayerische Rundfunk gestern berichtete [6], bem,üht sich die BUndesregierung auf EU-Ebene aktuell darum, die Frist für die Einführung der Tests „auf der Straße“ nicht nur bis 2017 zu strecken, sondern sogar bis 2021. Das nenne ich konsequent!

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Quellen zu diesem Artikel

[1]    Rede von Bundeskanzlerin Merkel bei der Eröffnung der 66. Internationalen Automobil-Ausstellung am 17. September 2015
http://www.bundeskanzlerin.de/Content/DE/Rede/2015/09/2015-09-17-rede-merkel-iaa.html

[2]    Merkel lässt Abgas-Deal platzen, 28.06.2013, Welt
http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_wirtschaft/article117526264/Merkel-laesst-Abgas-Deal-platzen.html

[3]    VW manipuliert, Berlin bremst neue Tests aus, 27.09.2015, Neues Deutschland
http://www.neues-deutschland.de/artikel/985871.vw-kuendigt-rueckrufaktion-in-den-naechsten-wochen-an.html

[4]    VW’s cheating is just the Tip of the Iceberg, 21.09.2015, Transport & Environment
http://www.transportenvironment.org/publications/vw%E2%80%99s-cheating-just-tip-iceberg

[5]    CO2- und Spritverbrauchsangaben von PKW, 28.07.2015, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen, DBT-Drs.: 18/5656
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/056/1805656.pdf

[6]    Bayern2, Radiowelt 06.00 bis 08.00 am Mittwoch, dem 30.09.2015