Bundestag verabschiedet Gesetz zum autonomen Fahren

Der Bundestag hat heute in zweiter und dritter Lesung die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes zum autonomen Fahren verabschiedet. Das Gesetz enthält nun klare Vorgaben darüber, was die Fahrzeuge wie lange speichern müssen. Haftungsfragen bleiben allerdings nach wie vor vage.

Die Kritik der Datenschutzaufsichtsbehörden an dem Entwurf [1] von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) war denkbar hart: So sah er vor, dass Haftungsfragen im hoch- und vollautomatisierten Fahren mit Hilfe eines Datenspeichers zu klären, in dem Fahrzeugdaten drei Jahren gespeichert werden dürfen, wie CIVES berichtete. [2]

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD folgten weitgehend den Empfehlungen der Expertenanhörung von vergangener Woche und räumten mit klaren Vorgaben die Befürchtung einer Vorratsdatenspeicherung für Autos aus. Wie Gerold Reichenbach von der SPD-Fraktion CIVES sagte, ist die gestern [3] erst noch diskutierte Speicherung von Standortdaten vom Tisch: „Gespeichert wird nur, zu welchem Zeitpunkt vom Fahrer oder vom Fahrsystem gesteuert wurde. Wir wollen prüfen können, ob ein Fahrzeug, das mit Tempo 100 an einer Tempo-70-Stelle unterwegs war, vom Fahrer oder vom System gesteuert wurde.“ Diese Daten müssen nach sechs Monaten gelöscht werden, wenn das Auto nicht in einen Unfall verwickelt war.

Die Haftungsfragen gelten jedoch weiterhin als kritisch. Der Fahrer darf sich zwar vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugführung abwenden, aber er muss in der Lage sein, gefährliche Sondersituationen zu erfassen und die Steuerung des Fahrzeugs zu übernehmen. Das System muss den Fahrer zur Übernahme der Lenkfunktion „mit ausreichender Zeitreserve“ mit einem akustischen oder auf andere Weise wahrnehmbaren Warnsignal auffordern. Wenn das automatische System versagt, haftet im Zweifel der Fahrzeughalter und nicht der Hersteller.

Das Gesetz geht nach der Verabschiedung im Bundestag in den Vermittlungsausschuss des Bundesrats, der nicht nur zu den Datenschutz-, sondern auch zu den Haftungsfragen erhebliche Einwände erhoben hatte. Dort kann es möglicherweise noch zu einer Verbesserung der Haftungsfragen im Sinne des Fahrzeughalters kommen.

Die von der Union geforderte Speicherung der Positionsdaten soll künftig über das Mautgesetz gelöst werden, sagt Reichenbach. Das Gesetz für die Pkw-Maut wurde vom Bundestag bereits vergangene Woche beschlossen, morgen steht die Verabschiedung im Bundesrat an. [4] Es sieht vor, dass die Kennzeichen von Autos stichprobeweise erfasst werden und nach einem Jahr gelöscht werden. Eine polizeiliche Nutzung ist nach der derzeitigen Gesetzesfassung ausgeschlossen.

Die Union will, dass die Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf diese Daten erhalten. „Wir werden uns (…) dafür einsetzen, dass zu Ermittlungs- und Fahndungszwecken grundsätzlich auf die im Zusammenhang mit der Mauterhebung gewonnenen Daten zurückgegriffen werden kann“, heißt es in einem aktuellen Programmpapier des Bundesfachausschusses Innenpolitik der CDU mit dem Titel „Sicher und frei leben in Deutschland“, worüber die Frankfurter Rundschau berichtete. [5]

Update am 31.03.2017, 13.30 Uhr

Eine ständige Speicherung der Positionsdaten ist nicht vorgesehen, gleichwohl ist sie punktuell möglich: So werden „die durch ein Satellitennavigationssystem ermittelten Positions- und Zeitangaben“ gespeichert, wenn ein Wechsel der Fahrzeugsteuerung zwischen Fahrzeugführer und dem hoch- oder vollautomatisierten System erfolgt“. Dasselbe ist der Fall, „wenn der Fahrzeugführer durch das System aufgefordert wird, die Fahrzeugsteuerung zu übernehmen oder eine technische Störung des Systems auftritt.“ [6]

Quellen

[1]   Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2017/0001-0100/0069-17.html?cms_templateQueryString=stra%C3%9Fenverkehrsgesetz&cms_fromSearch=true

[2]   Your Car is watching You … soll Gesetz werden, 24. 02. 2017, CIVES
https://cives.de/your-car-is-watching-you-soll-gesetz-werden-4560

[3]   Autonomes Fahren: Schwarz-Rot will Standortdaten speichern und Verantwortung klären, 29.03.2017, heise online
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Autonomes-Fahren-Schwarz-Rot-will-Standortdaten-speichern-und-Verantwortung-klaeren-3669785.html

[4]   Mautgesetz bzw. „Erstes Gesetz zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetze““
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2017/0201-0300/0240-17.html

[5]   CDU will mit Mautdaten fahnden, 27.03.2017, Frankfurter Rundschau
http://www.fr.de/politik/verkehr-cdu-will-mit-mautdaten-fahnden-a-1250376

[6]   Änderungsantrag des Verkehrsausschusses des Bundestags
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/117/1811776.pdf

Bisherige Beiträge zum gleichen Thema

Bundesdatenschutzbeauftragte warnt vor elektronischem Fahrtenschreiber für alle, 09.03.2017, CIVES

Autonomes Fahren: Drei Jahre bußgeldbewehrte Speicherpflicht, 20.03.2017, CIVES

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