Bundesdatenschutz-beauftragte warnt vor elektronischem Fahrtenschreiber für alle

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff vermisst Datenschutzvorgaben im Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes. Das Bundesverkehrsministerium hat ihre Stellungnahme im Vorfeld der Beratungen offenkundig ignoriert. Morgen werden sich Bundestag und Bundesrat parallel erstmals mit dem Entwurf [1] befassen, der noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden soll.

Die Bundesregierung will Haftungsfragen im hoch- und vollautomatisierten Fahren mit Hilfe eines Datenspeichers klären lassen, indem Fahrzeugdaten bis zu drei Jahren gespeichert werden dürfen, wie CIVES berichtete [2]. Dabei verweist der Regelungsentwurf nur auf die allgemeinen Datenschutzregelungen und lässt alle Detailfragen ungeklärt. Nun kritisiert auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff den Entwurf als „vage und ungenau“. Die regulatorische Unschärfe schaffe rechtliche Risiken für die Fahrer.

Unklare Zweckbindung sowie Speicher- und Löschfristen

Voßhoff vermisst Vorgaben darüber, welche Fahrdaten konkret gespeichert werden sollen. „Unklar ist ebenfalls, ob die im Auto gespeicherten Daten nach kurzer Zeit wieder gelöscht und nur nach einem Unfall dauerhaft gespeichert werden oder ob sie unabhängig davon aufgezeichnet und an Dritte weitergeleitet werden dürfen“, erklärte sie. Außerdem bleibe offen, „wann und für welche Zwecke Behörden und Unfallgegner die aufgezeichneten Fahrdaten erhalten dürfen“.

Thomas Kranig, als Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht zuständig für die Autobauer BMW und Audi, erwartet eine europäische Regelung, sobald die Hersteller die technischen Rahmenbedingungen geklärt haben. Voßhoff dagegen verlangt vom deutschen Gesetzgeber jetzt direkt zu regeln, „welche Daten über welchen Zeitraum aufgezeichnet werden, wer auf diese Daten Zugriff erhält und zu welchen Zwecken sie genutzt werden dürfen“. Andernfalls, so warnt sie, bestehe die Gefahr, dass quasi durch die Hintertür elektronische Fahrtenschreiber für automatisierte Privatfahrzeuge eingeführt werden.

Unter Druck im internationalen Wettbewerb

Die Politik ist damit in der Klemme: Einerseits will sie der deutschen Automobilindustrie einen freien Entwicklungsraum ohne die bisher notwendigen Sondergenehmigungen gewähren. Andererseits muss sie für die betroffenen Bürger gleichermaßen einen robusten Rechtsrahmen liefern. Während die Industrie entwicklungstechnisch international orientiert ist, kann der deutsche Gesetzgeber aber zunächst nur eine nationale Sonderregelung formulieren, die sich wiederum aber an den Vorgaben der europäischen Datenschutzgrundverordnung orientieren muss.

Es ist fraglich, ob der Automobilindustrie mit diesem schnellen, rechtlich aber äußerst wackligen Vorstoß wirklich gedient ist. Unklar ist bislang, warum die Bundesregierung ihren Vorstoß nicht über die EU-Kommission lanciert hat. Vermutlich handelt es sich um ein letztlich riskantes Spiel auf Zeit, um der deutschen Industrie einen kleinen Vorsprung im internationalen Wettbewerb zu gewähren. Derzeit arbeiten rund zwanzig Unternehmen aus der Automobil- und Internetindustrie mit Sondergenehmigungen, wie heise online berichtete [3].

Quellen

[1]   Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2017/0001-0100/69-17.pdf?__blob=publicationFile&v=1

[2]   Your Car is watching You … soll Gesetz werden, 24.02.2017, CIVES
https://cives.de/your-car-is-watching-you-soll-gesetz-werden-4560

[3]   Autonome Autos: Uber bekommt Roboterwagen-Erlaubnis für Kalifornien, 09. 03. 2017, heise online
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Autonome-Autos-Uber-bekommt-Roboterwagen-Erlaubnis-fuer-Kalifornien-3647953.html

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